Medizin
Diabetes in der Schwangerschaft fördert Herz-Kreislauf-Risiken der Kinder
Dienstag, 29. September 2020
Winnipeg/Mannitoba – Teenager und junge Erwachsene entwickeln früher eine Hypertonie, Fettstoffwechselstörung oder einen Typ-2-Diabetes und sie erkranken häufiger an Herzinfarkt und Schlaganfall, wenn ihre Mütter während der Schwangerschaft unter einem Gestations- oder Typ-2-Diabetes litten. Dies geht aus einer Kohortenstudie im Canadian Medical Association Journal (2020: 192: E1104-E1113) hervor, die die Erkrankungen der Geburtsjahrgänge 1979-2005 untersucht hat.
Wissenschaftler vermuten seit längerem, dass die Bedingungen in den Wochen und Monaten vor der Geburt einen Einfluss auf das spätere Leben haben können. Die Kinder sind vor der Geburt gänzlich auf die Nährstoffe ihrer Mutter angewiesen. Ein vorbestehender Diabetes oder in der Schwangerschaft auftretender Gestationsdiabetes führen hier zu Störungen, die die Startchancen der Kinder verschlechtern können.
Bekannt ist, dass der Diabetes der Mutter das Risiko auf eine Makrosomie und Frühgeburt erhöht. Auch eine Unterzuckerung unmittelbar nach der Geburt kann dem Kind Schäden zufügen, die sich unter Umständen erst Jahrzehnte später bemerkbar machen.
Frühere epidemiologische Studien haben bereits darauf hingewiesen, dass die Kinder von diabetischen Müttern später häufiger adipös sind und selber an einem Typ-2-Diabetes erkranken. Nach der Kohortenstudie, die ein Team um Jonathan McGavock vom Children’s Hospital Research Institute an der Universität in Winnipeg jetzt vorstellt, könnte es bei den Kindern im späteren Leben auch häufiger zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen kommen.
McGavock konnte auf die Daten des Manitoba Population Research Data Repository zurückgreifen, das umfangreiche Daten zu den Einwohnern des Bundesstaates sammelt. Darunter waren Angaben zu mehr als 290.000 Kindern, die zwischen 1979 und 2005 von fast 190.000 Müttern im der kanadischen Provinz Manitoba geboren wurden. In 2,8 % der Schwangerschaften war es zu einem Gestationsdiabetes gekommen, weitere 1,1 % der Schwangeren hatten schon vorher unter einem Diabetes gelitten.
Kinder, die intrauterin einem Gestationsdiabetes der Mutter ausgesetzt waren, entwickelten später im Alter von bis zu 35 Jahren zu 92 % häufiger kardiovaskuläre Risikofaktoren (Hypertonie, Dyslipidämie und Typ-2-Diabetes) und sie erlitten zu 42 % häufiger einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall. Die Hazard Ratios von 1,92 und 1,42 waren mit 95-%-Konfidenzintervallen von 1,75 bis 2,11 beziehungsweise 1,12 bis 1,79 signifikant. Sie stammen aus einer Propensity-Analyse, die nur Kinder mit gleichen Voraussetzungen gegenüber stellen.
Auch ein vorbestehender Typ-2-Diabetes der Mutter hatte möglicherweise schädliche Auswirkungen. McGavock ermittelt eine Hazard Ratio von 3,40 (3,09 bis 3,85) für das Auftreten von kardiovaskulären Risikofaktoren und eine Hazard Ratio von 1,40 (0,98 bis 2,01) auf einen Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Die Ergebnisse bestätigen damit die Beobachtungen aus früheren epidemiologischen Studien, nach denen ungünstige intrauterine Einflüsse lebenslange Auswirkungen haben können. Als Mechanismus werden derzeit epigenetische Veränderungen am Erbgut diskutiert. Einschränkend muss darauf hingewiesen werden, dass die Qualität epidemiologischer Untersuchungen von den Informationen bestimmt wird, die den Forschern zu Verfügung stehen.
McGavock konnte neben dem Alter der Mutter und den Angaben in den Geburtsbescheinigungen zu Gestationsalter und Geburtsgewicht auch sozioökonomische Daten und den Wohnort berücksichtigen. Dies schließt nicht aus, dass andere Faktoren als der Diabetes in der Schwangerschaft die Kinder geprägt hat. Dazu könnte beispielsweise ein ungesunder Lebens- und Ernährungsstil in der Familie gehören, der auch nach der Geburt die Gesundheitsrisiken des Kindes beeinflusst haben könnte. © rme/aerzteblatt.de
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