Politik
Deutscher Coronaimpfstoff geht in die klinische Prüfung
Freitag, 2. Oktober 2020
Berlin – Ein neuer Impfstoff gegen das SARS-CoV-2-Virus geht in Deutschland in die klinische Erprobung und wird auf Sicherheit, Verträglichkeit und seine spezifische Immunantwort bezüglich des Coronavirus untersucht. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, hat erste klinische Tests mit dem Impfstoff MVA-SARS-2-S gegen COVID-19 genehmigt.
Bei der Genehmigung handele es sich um eine Phase-1-Prüfung mit insgesamt 30 gesunden erwachsenen Probanden im Alter von 18 bis 55 Jahren, teilte heute Klaus Cichutek, Präsident des PEI, mit.
Antragsteller waren das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF), dabei speziell die Ludwig-Maximilians-Universität München, die Philipps-Universität Marburg und das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, sowie das Pharmaunternehmen IDT Biologika aus Dessau-Roßlau.
Bei dem neuen Impfstoff handelt es sich um einen an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) entwickelten Vektorimpfstoff, bei dem die genetische Information für ein Oberflächenprotein von SARS-CoV-2 in ein inaktives Pockenvirus (MVA) eingebaut ist.
Die eingeschleuste DNA des SARS-CoV-2-Spikeproteins wird im Körper zum Bau des Spikeproteins benutzt. Das Immunsystem soll das fremde Spikeprotein erkennen und eine Immunantwort auslösen, so das Ziel.
Der Impfstoff basiere auf dem vor mehr als 30 Jahren an der LMU entwickelten und zugelassenen Pockenimpfstoff Imvanex, der bereits erfolgreich für die Entwicklung eines Impfstoffs gegen das MERS-Coronavirus verwendet wurde und nun als Blaupause fungiere, berichtete Gerd Sutter von der LMU. Der virale Vektor habe exzellente Stabilitäts- und Wachstumseigenschaften, könne sich aber nicht vermehren. Impfungen von Mäusen seien erfolgreich gewesen.
Sie hätten bereits gezeigt, dass die eingeschleuste DNA-Sequenz des SARS-CoV-2-Virus eine Infektion simulieren und die Produktion von Antikörpern sowie eine T-Zell-Antwort auslösen könne. Auch eine Schutzwirkung der Impfung konnte bereits in präklinischen Modellen der Universitäten Marburg und München nachgewiesen werden, sagte Sutter.
Die IDT Biologika GmbH, ein Unternehmen, das biotechnologische Impfstoffe und Pharmazeutika herstellt, hat deshalb jetzt ein Verfahren zur großtechnischen Produktion von hochreinen MVA-Vektorimpfstoffen in einer Zelllinie entwickelt.
Für den Beginn der klinischen Prüfung am Menschen hat die Firma erste Impfdosen abgefüllt und gestern dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) übergeben. Dort wird im Oktober die Studie mit den Voruntersuchungen und der Auswahl gesunder, freiwilliger Probanden beginnen.
Aus Sicherheitsgründen werde zunächst nur ein Proband geimpft und erst 24 Stunden später die nächsten zwei, erläuterte Marylyn Addo, Leiterin der Infektiologie des UKE, die als verantwortliche Prüfärztin die klinische Studie leitet.
Insgesamt würden die 30 Probanden im Alter von 18 bis 55 Jahren in acht Gruppen und in zwei aufsteigenden Dosierungen geimpft. Die Studienteilnehmer sollen zwei Impfungen im Abstand von vier Wochen erhalten.
„Eine größere klinische Studie der Phase II ist für Ende des Jahres geplant, wenn die Ergebnisse der Phase-I-Studie ein gutes Sicherheitsprofil und gute Impfstoff-induzierte Immunantworten zeigen“, erklärte Addo. An diesen Phase-II-Studien sollen neben dem UKE auch die Unikliniken in Tübingen, Marburg und München sowie weiteren Partnerinstitutionen beteiligt werden.
Der neue Impfstoffkandidat sei mit Stand vom 30. September 2020 einer von weltweit 41 präventiven, spezifischen COVID-19-Impfstoffkandidaten, die derzeit in klinischen Prüfungen evaluiert werden, sagte Cichutek.
Zwölf Kandidaten würden sich bereits in Phase II und Phase III befinden. In Deutschland handele es sich bei dem jetzt genehmigten Kandidaten um die erste genehmigte klinische Phase-1-Prüfung eines vektorbasierten COVID-19-Impfstoffs. © ER/aerzteblatt.de

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