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Medizin

Medizinnobelpreis für die Entdeckung des Hepatitis-C-Virus

Montag, 5. Oktober 2020

/picture alliance, TT News Agency, AP, Claudio Bresciani

Stockholm – Der diesjährige Nobelpreis geht an 3 Forscher, die an der Entdeckung des Hepatitis-C-Virus beteiligt waren. Der amerikanische Anthropologe Harvey Alter hatte in den 1970er-Jahren die Existenz einer übertragbaren Non-A-Non-B-Hepatitis belegt, der britische Biochemiker Michael Houghton konnte 1989 die Gene des auslösenden Virus identifizieren, was zur Entwicklung eines ersten Screeningtests für Blutspenden führte. Dem US-Virologen Charles Rice gelang es schließlich 1997 experimentell nachzuweisen, dass das Virus für die Erkrankung verantwortlich ist.

Nach Ansicht des Nobelpreiskomitees haben die 3 Forscher entscheidende Beiträge zur Bekämpfung der durch Blut übertragenen Hepatitis geleistet, die weiterhin ein globales Gesundheitsproblem ist, obwohl eine Hepatitis C mittlerweile durch Medikamente kuriert werden kann.

In den 1940er-Jahren wurde erkannt, dass es 2 Haupttypen der infektiösen Hepatitis gibt. Die erste, Hepatitis A genannt, wird durch kontaminiertes Wasser oder Lebensmittel übertragen. Es kommt in der Regel nur zu einer vorübergehenden Gelbsucht, der akuten Hepatitis, von der sich die meisten Patienten komplett erholen.

Der zweite Typ wird durch Blut und Körperflüssigkeiten übertragen. Er geht mit einer chronischen Hepatitis einher, die nach vielen Jahren zur Leberzirrhose oder Leberkrebs führen kann. Weltweit sterben jedes Jahr mehr als eine Million Menschen an einer infektiösen Hepatitis, die damit eine ähnliche Bedeutung für die globale Gesundheit hat wie HIV oder Tuberkulose.

Die Erreger der infektiösen Hepatitis blieben lange unbekannt. Erst 1964 entdeckte der US-amerikanische Anthropologe (und Biochemiker) Baruch Blumberg eher zufällig (er war auf der Suche nach genetischen Unterschieden zwischen verschiedenen Ethnien) im Blut eines australischen Aborigines das „Australia-Antigen“.

Die versehentliche Infektion seiner Assistentin belegte, dass das Protein, das heute als HBsAg bezeichnet wird, Teil eines Krankheitserregers sein musste, der dann als Hepatitis-B-Virus bezeichnet wurde. Blumberg erhielt 1976 für seine Entdeckung den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin.

Während dieser Zeit untersuchte Harvey Alter von den US-National Institutes of Health (NIH) in Bethesda die Ursache von Hepatitis-Erkrankungen bei Patienten, die Bluttrans­fusionen erhalten hatten. Alter konnte nachweisen, dass es trotz des Ausschlusses von Blutspenden, die HBsAg enthielten, weiter zu Hepatitisfällen kam und zwar in einer Inzidenz von 3,7 auf 1.000 übertragene Einheiten (Annals of Internal Medicine, 1972; DOI: 10.7326/0003-4819-77-5-691).

In einer weiteren Studie konnte Alter nachweisen, dass die Erkrankungen nicht durch das Hepatitis-A-Virus ausgelöst wurden, für das es mittlerweile einen Nachweistest gab (New England Journal of Medicine, 1975; DOI: 10.1056/NEJM197504102921502).

Die Untersuchung einer Serie von Transfusions-bedingten Infektionen bei herzchirur­gischen Patienten führte dann zur Bezeichnung Non-A-Non-B-Hepatitis (Lancet, 1975; DOI: 10.1016/S0140-6736(78)90131-9). 3 Jahre später konnte Alter die Erkrankung durch das Blut von Patienten mit chronischer Non-A-Non-B-Hepatitis auf Schimpansen über­tragen, der wie man heute weiß einzigen Spezies neben dem Menschen, die an Hepatitis C erkrankt (Lancet, 1978; DOI: 10.1016/s0140-6736(78)90131-9).

Bis das Virus identifiziert werden konnte, verging mehr als ein Jahrzehnt – in dem Blut­transfusionen mit der Gefahr einer Non-A-Non-B-Hepatitis verbunden blieben, auch wenn das Risiko durch ein Screening der Spender auf erhöhte Leberwerte erfolgreich gesenkt werden konnte.

Der Nachweis des Virus gelang schließlich einem Team um den zweiten Preisträger Michael Houghton, der damals für das Pharmaunternehmen Chiron arbeitete, mit einer aufwendigen und unkonventionellen Methode. Die Forscher stellten aus den Nuklein­säuren, die sie im Blut eines infizierten Schimpansen gefunden hatten, eine sogenannte cDNA-Bibliothek zusammen. Sie besteht aus einer Vielzahl von DNA-Fragmenten, die einzeln in Bakterio­phagen kloniert und exprimiert werden. Es entstehen dabei Proteine, die sich auf ein bestimmtes Gen zurückführen lassen.

Unter der Annahme, dass Patienten mit Non-A-Non-B-Hepatitis Antikörper gegen die Virenproteine bilden, wurde das Blut eines Infizierten gescreent. Dabei wurde tatsächlich ein Antigen des unbekannten Virus gefunden (Science, 1989; DOI: 10.1126/science.2523562).

Damit war der Weg frei zur Entwicklung eines Antikörpertests, der sogleich erfolgreich an Patienten aus Japan, Italien und den USA getestet wurde (Science, 1989; DOI: 10.1126/science.2496467). Dieser Test hat in den Folgejahren wesentlich zur Sicherheit von Bluttransfusionen beigetragen.

Dem dritten Preisträger Charles Rice von der Washington University in St. Louis ist dann 8 Jahre später der abschließende Beweis gelungen, dass das Virus tatsächlich in der Lage ist, eine Hepatitis zu verursachen.

Der Forscher stellte im Labor einen genetischen Klon des Virus her und injizierte ihn in die Leber eines gesunden Schimpansen. Das Tier erkrankte daraufhin an einer Hepatitis C, was beweist, dass das Virus tatsächlich der Erreger der Erkrankung ist (Science, 1997; DOI: 10.1126/science.277.5325.570). © rme/afp/aerzteblatt.de

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