Politik
Zeitdruck im Krankenhaus entsteht durch falsch eingesetzte Mittel
Dienstag, 6. Oktober 2020
Berlin – Experten haben kritisiert, dass das Geld im stationären Sektor teils in die falschen Bereiche fließt. So rügte Katharina Thiede aus dem Vorstand des Think Tanks Twankenhaus, dass solidarisch finanzierte Mittel als Gewinne aus dem Gesundheitssystem herausgeführt werden könnten.
„Das ist nicht solidarisch und nicht moralisch“, sagte sie vergangene Woche auf einer Podiumsdiskussion der Robert-Bosch-Stiftung in Berlin. „Es fließen derzeit reichlich Finanzmittel aus dem Gesundheitswesen ab, die in anderen Bereichen im System eingesetzt werden sollten.“
Zudem forderte sie, dass mehr Zeit für die Behandlung der Patienten zur Verfügung gestellt werden müsse. „Wir haben zu wenig Zeit für den einzelnen Patienten“, sagte sie. Grund dafür sei das Finanzierungssystem, das Gewinne erziele, indem die Zeit pro Patient reduziert werde. Deshalb müsse das Geld im System anders verteilt werden.
Krankenhäuser nur bei guter Ausstattung bezahlen
Der Gesundheitsökonom Reinhard Busse von der Technischen Universität Berlin sprach sich dafür aus, das Geld im System zielgenauer einzusetzen. „Wir müssen das Wissen, das wir heute haben, systematischer zur Steuerung nutzen“, forderte er.
„Wir wissen zum Beispiel, dass 70 Prozent der Krebspatienten außerhalb von Krebszentren behandelt werden. Und wir wissen, dass bei manchen Eingriffen ein Fünftel der Krankenhäuser die geltenden Mindestmengen nicht erfüllen. Auf der Basis dieser Informationen müssen wir jetzt handeln.“
Busse forderte, dass ein Krankenhaus, das über kein Katheterlabor verfüge, auch kein Geld für die Behandlung eines Herzinfarkts mehr bekommen dürfe. „So könnte man sicherstellen, dass ein Patient nicht in einem Krankenhaus behandelt wird, das dafür nicht ausgerüstet ist.“
Mehr Effizienz erhöht den Arbeitsdruck
Zudem sprach er sich dafür aus, die Zahl der Leistungen im System zu reduzieren. „Ein Krankenhausfall kostet heute noch so viel wie vor 15 Jahren, gemessen am Bruttoinlandsprodukt“, sagte Busse.
„Die Krankenhäuser werden bei der Behandlung der Patienten allerdings effizienter. Sie brauchen weniger Personal und weniger Zeit pro Fall. Dadurch werden mehr Betten frei, die dann wieder gefüllt werden. Es wird also mit gleich viel Krankenhäusern mehr Geld erwirtschaftet. Das macht das System für Investoren attraktiv.“
Dabei habe das Personal im Krankenhaus das Gefühl, immer mehr zu arbeiten. „Und das stimmt ja auch“, sagte Busse. „Der politische Reflex, noch mehr Personal ins Krankenhaus zu bringen, passt aber nicht dazu. Denn dabei wird übersehen, dass Deutschland heute schon mehr Pflegekräfte als alle anderen europäischen Ländern hat.“
Wenn es im Krankenhaus noch mehr Personal gebe, würden die Krankenhäuser noch mehr Fälle machen. Statt mehr Fälle brauche es mehr Qualität.
Susanne Mauersberg vom Verbraucherzentrale Bundesverband kritisierte, dass die Leistungen in Deutschland zu gering vergütet würden. „Deshalb gibt es so viele und deshalb ist der Stress im Krankenhaus so groß“, sagte sie. „In anderen Ländern werden weniger Fälle gemacht, dafür verdienen die Krankenhäuser mehr am Aufenthalt der Patienten.“ © fos/aerzteblatt.de

Worum geht es hier eigentlich?
Warum werden mehr Betten gefüllt? Die Krankenhausleistungen müssen sich doch nach dem Bedarf richten! Oder stehen unendlich viele Menschen in der Warteschlange und warten auf Behandlung? Es muss doch so sein, dass wenn ein Patient ins Krankenhaus muss, die Einrichtungen so vorhanden und beschaffen sind, dass dieser wieder gesund wird oder Leid, soweit wie nach medizinischem Standard möglich, gelindert. Das ist die Anforderung!

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