Politik
Registerdaten können für Transparenz der Versorgungsqualität sorgen
Dienstag, 6. Oktober 2020
Berlin – Angesichts einer zunehmend personalisierten Medizin mit begrenzten Fallzahlen bei prospektiv randomisierten Studien sollte für eine Bewertung der Versorgungsqualität künftig auch auf Registerdaten zurückgegriffen werden. Dafür hat sich die Deutsche Krebsgesellschaft heute ausgesprochen.
„Wir sollten beim Einsatz von neuen Therapien auch noch mit offenen Fragen in die Versorgung gehen können“, meinte Johannes Bruns, Generalsekretär der Deutschen Krebsgesellschaft, bei einer virtuellen Diskussionsveranstaltung der Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie (AIO) der Deutschen Krebsgesellschaft, der AIO-Studien-gGmbH und von Novartis. Er forderte einen konstruktiven Diskussionsprozess mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA).
Dabei verwies Bruns auf das Konzept der „Wissen generierenden Versorgung“, das die Deutsche Krebsgesellschaft bereits 2017 in einem Positionspapier formulierte. Dieses sieht die enge Kooperation von Forschung und Versorgung vor und läuft auf eine direkte Nutzung von im Versorgungsprozess entstehenden Daten hinaus.
Häufig seien klinische Studien zu kurz, bezögen sich auf eine spezielle Patientengruppe oder würden keine patientenrelevanten Endpunkte erheben, erklärte Bruns. Viele Evidenzlücken ließen sich schließen, wenn künftig zunehmend versorgungsnahe Daten in die Nutzenbewertung von Arzneimitteln einfließen würden.
Dass Daten aus Registern künftig in die frühe Nutzenbewertung von Arzneimitteln einfließen können, erklärte Anfang dieses Jahres das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
Es gelangte in seinem Report zu der Auffassung, dass es bei qualitativ hochwertigen Patientenregistern möglich sei, Studien auf diese Register aufzusetzen und die erhobenen versorgungsnahen Daten nach Paragraf 35a Sozialgesetzbuch (SGB) V für die erweiterte Nutzenbewertung von Arzneimitteln zu verwenden.
Für diese kommen nach Einschätzung des IQWiG insbesondere indikationsbezogene Patientenregister infrage. Sie nämlich böten die Möglichkeit, sich den Fragestellungen des G-BA anzupassen. Ferner würden dort klinische Informationen über Patientenpopulationen, Interventionen und Endpunkte erfasst, die für die Nutzenbewertung herangezogen werden könnten.
Ein Beispiel für ein Register, das mit seinen Daten eine Transparenz der Versorgungsrealität erzeugen kann, ist nach Ansicht von Frank Griesinger, Direktor der Klinik für Hämatologie und Onkologie am Pius-Hospital Oldenburg, CRISP. Bei CRISP handele es sich um ein deutsches Register, das alle Therapien und auch Faktoren des realen Lebens der Patienten mit fortgeschrittenem Lungenkrebs untersucht, erklärte er bei der Veranstaltung.
CRISP (Clinical Research platform Into molecular testing, treatment and outcome of non-Small cell lung carcinoma Patients) startete vor fünf Jahren und erfasst die Daten von mehr als 10.000 Patienten mit Lungenkarzinom.
Erhoben wird eine Vielzahl von Parametern, die bei Diagnostik, Behandlungsverlauf und Versorgung der Patienten eine wichtige Rolle spielen, so zum Beispiel die Therapieart und -wirksamkeit in Abhängigkeit von Variablen wie Alter, Geschlecht, Wohnort, molekularer Charakterisierung, Begleiterkrankungen, Allgemeinzustand der Patienten sowie Daten zur Lebensqualität.
„Mittlerweile sind 172 medizinische Zentren in ganz Deutschland beteiligt, darunter Krebszentren, zertifizierte Lungenzentren und -kliniken sowie niedergelassene Onkologen“, erläuterte Griesinger.
„CRISP hat das Potenzial, durch die Dokumentation von „real world“-Daten Versorgungslücken in Deutschland zu schließen“, ist der Onkologe überzeugt. Zudem könnten die Registerdaten ein besseres Feedback zur Umsetzung von neuen Empfehlungen liefern. © ER/aerzteblatt.de

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