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Medizin

SARS-CoV-2: Luftreiniger beseitigen 90 % der Aerosole in Schulklassen

Dienstag, 6. Oktober 2020

/Syda Productions, stock.adobe.com

Frankfurt am Main – Das Aufstellen von 4 kommerziell erhältlichen Luftreinigern hat in einer experimentellen Studie die Konzentration von Aerosolen in einem Klassenraum innerhalb einer halben Stunde um 90 % gesenkt. Laut der Studie in medRxiv (2020; DOI: 10.1101/2020.10.02.20205633) empfanden die Schüler und Lehrer die Lärmbelästigung der Geräte überwiegend als nicht störend.

SARS-CoV-2 und andere respiratorische Viren werden über Tröpfchen, Aerosole und durch das Berühren von Gegenständen oder Personen übertragen. Tröpfchen werden durch eine Mund-Nase-Bedeckung zurückgehalten. Gegen eine Übertragung durch Berührungen hilft die Händedesinfektion. Eine Schutzmaßnahme gegen Aerosole, die von einer Mund-Nase-Bedeckung nur unvollständig zurückgehalten werden, könnten Luftreiniger sein, die im Fachhandel oder auch in Baumärkten angeboten werden.

Diese Geräte enthalten neben einem Vorfilter für groben Staub und einem Aktivkohlefilter für größere Partikel einen „High Efficiency Particulate Air Filter“ (HEPA), der Partikel in einer Größe von 0,1 µm bis 0,3 µm aus der Luft entfernen kann.

Die Geräte, die ein Team um Joachim Curtius von der Arbeitsgruppe Experimentelle At­mosphärenforschung an der Goethe-Universität Frankfurt erprobt hat, verwendeten einen Hepafilter nach US-amerikanischer Norm (vergleichbar H13), der nach Angaben des Her­stellers mehr als 99,95 % der feinen Partikel aus der Luft entfernt.

Die Erprobung erfolgte im Klassenraum eines Gymnasiums mit einer Länge von 8,24 m, einer Breite von 6,18 m und einer Höhe von 3,66 m. Dort wurden 27 Schüler unterrichtet.

Die Forscher verteilten 4 Geräte im Klassenraum und bestimmten während des Unter­richts an 2 Stellen im Raum die Konzentration der Aerosole sowie die CO2-Konzen­tration. Die Messungen wurden auch in einem benachbarten Raum durchgeführt, in dem keine Luftreiniger aufgestellt waren.

Vor Unterrichtsbeginn wurde gelüftet. Alle 6 Fenster an der Längsseite und die Tür ge­gen­­über wurden geöffnet. Dies senkte zwar die CO2-Konzentration. Gleichzeitig kam es jedoch zu einem Anstieg der Aerosolkonzentration in der Luft.

Während der Unterrichtsstunden nahm dann die Gesamtkonzentration der Aerosole wieder ab. In dem Raum ohne Luftreiniger kam es zu einem Rückgang um etwa 30 %. Die Forscher führen dies auf das Absinken der Partikel auf die Oberflächen sowie auf Schrumpf­­ungsprozesse in den Aerosolen zurück. Auch die Luftfeuchtigkeit, die elektrische Ladung der Partikel und die elektrostatische Aufladung der Oberflächen könnten hier eine Rolle spielen.

Die Luftreiniger beschleunigten den Abfall der Aerosole. Die Geräte setzten zusammen zwischen 760 und 1.460 m3 Luft pro Stunde um, was bedeutet, dass die Raumluft pro Stunde etwa 5,5 Mal gefiltert wurde. Dies hatte nach den Messungen einen kontinuier­lichen Abfall der Aerosolkonzentration zur Folge. Sie fiel innerhalb von 37 Minuten um mehr als 90 % gegenüber dem Beginn der Unterrichtsstunde. Die Reduktion betraf laut der Studie alle Partikelgrößen gleichmäßig.

Die Forscher schätzen in einer Modellberechnung, dass die Luftreiniger das Risiko, dass ein „Superspreader“ andere Personen in dem Raum mit SARS-CoV-2 ansteckt, um den Faktor 6 senkt. Es handelt sich jedoch um eine Rechnung mit verschiedenen Unwäg­barkeiten, sodass das Ergebnis spekulativ bleibt.

Ein Weg, die Aerosolkonzentration im Klassenraum zu senken, bestünde darin, auf das Lüften zu verzichten. Dies wäre laut Prof. Curtius jedoch keine gute Idee, da die Luft­reiniger das CO2 nicht aus der Luft entfernen und auch keinen Sauerstoff zuführen.

Die Messungen ergaben, dass die CO2-Werte häufig über den empfohlenen Grenzwerten lagen. Die Forscher empfehlen den Schulen deshalb die Installation von CO2-Sensoren, damit Schüler und Lehrer kontrollieren können, wann sie den Raum wieder lüften sollten.

Die verwendeten Luftreiniger werden für etwa 150 Euro das Stück – in Einzelmengen etwa ab 260 Euro – angeboten. Ein Nach­teil ist die Lärmbelastung. Eine Umfrage unter den Schülern und Lehrern hat laut der Stu­die jedoch ergeben, dass das Geräusch des Luftreinigers überwiegend als nicht störend empfunden wurde, sofern das Gerät nicht auf höchster Stufe lief. © rme/aerzteblatt.de

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