Politik
Reform der Krankenhausplanung für Nordrhein-Westfalen vorgelegt
Mittwoch, 7. Oktober 2020
Düsseldorf – Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) will die Krankenhausplanung in seinem Land reformieren. Künftig soll die Planung nicht mehr auf Basis von Krankenhausbetten vorgenommen werden, sondern anhand von medizinischen Leistungen.
Ziel ist es, die Planung genauer zu machen und Überkapazitäten insbesondere in Ballungszentren abzubauen. Das geht aus dem „Dritten Gesetz zur Änderung des Krankenhausgestaltungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen“ (NRW) hervor, das morgen im Düsseldorfer Landtag in 1. Lesung beraten wird.
Grundlage des Gesetzentwurfs ist ein Gutachten, das unter anderem durch den Gesundheitsökonomen Reinhard Busse von der Technischen Universität Berlin erstellt wurde.
„In Nordrhein-Westfalen zeigt sich in der Krankenhauslandschaft insgesamt betrachtet eine nahezu flächendeckende Versorgung mit der Tendenz einer medizinischen Überversorgung in den Ballungszentren und teilweise einer Unterversorgung in den ländlichen Gebieten“, heißt es in dem Gesetzentwurf.
Insbesondere im Rhein-Ruhr-Gebiet gebe es eine hohe Anzahl an Leistungserbringern mit geringen Leistungsaufkommen in enger geografischer Beziehung bei gleichzeitig hoher Krankenhaushäufigkeit.
Das Gutachten prognostiziere für die Jahre 2022 bis 2032, dass aufgrund der aktuell beobachtbaren Überversorgung und der prognostizierten sinkenden Belegung in fast allen Leistungsbereichen in der Somatik deutliche Überkapazitäten auftreten werden.
Bisherige Krankenhausplanung ist zu unspezifisch
„Das Gutachten sieht die derzeitige Krankenhausplanung kritisch, da die Planungsmethodik mit der Bettenanzahl als zentraler Planungsgrundlage, einer wenig detaillierten Rahmenplanung, 16 Fachgebieten und 16 Versorgungsgebieten eine gezielte Steuerung von Krankenhauskapazitäten verhindere“, heißt es weiter.
Aufgrund dieser Fachgebietsplanung könne eine effektive Leistungssteuerung nicht stattfinden. Die Fachgebiete seien zu unspezifisch, bis auf wenige Ausnahmen sehr allgemein gehalten und für die medizinische Leistungsdefinition ungeeignet.
Damit lasse sich die Versorgung kaum transparent abbilden und steuern. Die Folge davon sei ein hohes Maß an Intransparenz, mit welchen Ressourcen welche Patienten behandelt würden.
„Auch gebe es nur unzureichende Kontrollmöglichkeiten über die tatsächlich mit den geplanten Kapazitäten erbrachten Leistungen“, heißt es im Gesetzentwurf. „Darüber hinaus werde auch die Qualität der Leistungserbringung in der derzeitigen Planungssystematik nur in sehr geringem Maße berücksichtigt.“
Versorgung soll über medizinische Leistungen geplant werden
Vor diesem Hintergrund will das Landesgesundheitsministerium künftig in den Krankenhausplan aufnehmen, welche Krankenhäuser welche medizinischen Leistungen erbringen dürfen. Den übergeordneten medizinischen Rahmen dafür sollen die Leistungsbereiche abbilden, die sich an den Fachgebieten der ärztlichen Weiterbildungsordnung orientieren.
Den Leistungsbereichen sollen wiederum Leistungsgruppen zugeordnet werden, in denen „konkrete medizinische Leistungen“ anhand von OPS-Codes und der ICD-Klassifikation dargestellt werden. Die Definition der verschiedenen Leistungsgruppen soll im Anhang des Krankenhausplans veröffentlicht werden.
Die den jeweiligen Leistungsgruppen zugehörigen Leistungen dürfen dann nur von den Krankenhäusern erbracht werden, denen diese Leistungsgruppen im Feststellungsbescheid als Versorgungsauftrag zugewiesen werden.
Leistungen werden Mindestmengen zugeordnet
„Mit der Entwicklung einer Leistungsgruppensystematik, mit der der aktuelle sowie zukünftige Bedarf bedarfsorientiert geplant werden kann, soll erreicht werden, dass die Krankenhäuser einer Region medizinische Leistungen anbieten, die für die Versorgung der Bevölkerung auch notwendig sind“, heißt es im Gesetzentwurf.
Zudem solle eine höhere Fachlichkeit der Krankenhäuser und damit eine höhere Versorgungsqualität für die Bevölkerung gewährleistet werden, indem Leistungsbereiche und Leistungsgruppen mit Qualitätsindikatoren verknüpft und, wo fachlich erforderlich, auch Vorgaben zu Mindestmengen gemacht werden. Die Qualitätskriterien sollen „beispielsweise vom Gemeinsamen Bundesauschuss oder medizinischen Fachgesellschaften festgelegt“ werden.
Die doppelte Vorhaltung an technischer Ausstattung und Personal von teilweise eng benachbarten Krankenhäusern koste wertvolle Investitionsmittel und binde medizinisches Fachpersonal, das, konzentriert an weniger Häusern, die medizinische Versorgung verbessern könne.
Krankenhausplan enthält Strukturvorgaben
Des Weiteren sollen im neuen Krankenhausplan für die einzelnen Leistungsgruppen Parameter wie geografische Bezugseinheit für die Planung, parallel vorzuhaltende weitere Leistungsgruppen, vorzuhaltende apparative Ausstattung, fachärztliche Besetzung oder auch sonstige Struktur- und Prozessvorgaben festgelegt werden.
Das können gegebenenfalls Mindestfallzahlen, prognostizierter Bedarf für Nordrhein-Westfalen im Planungshorizont, Bettennutzungsgrad je Leistungsgruppe, Verweildauer je Leistungsgruppe gegebenenfalls auf Basis empirischer Statistiken oder Zielwert der durchschnittlichen Versorgungskapazität je Leistungsgruppe und Krankenhausstandort im Planungshorizont sein.
„Trotz der nun differenzierteren Art und Weise, den Versorgungsauftrag zuzuteilen, besteht immer noch Wettbewerb zwischen den Krankenhäusern, der neben den zu erfüllenden Qualitätsindikatoren zu einer hohen Versorgungsqualität beiträgt“, schreibt das Landesgesundheitsministerium.
Überall dort, wo das Leistungsangebot in einer bestimmten Leistungsgruppe den Bedarf in der Bevölkerung übersteige, sei eine behördliche Auswahlentscheidung zwischen den Krankenhäusern zu treffen.
In deren Rahmen entscheidet die Planungsbehörde unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger, welches Krankenhaus „den Zielen der Krankenhausplanung des Landes am besten gerecht wird“.
Den Ansatz in den Regionen besprechen
Der Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW, Jochen Brink, hat vor kurzem den Umsetzungsstand der Reform skizziert. „Für den somatischen Bereich gibt es jetzt einen Katalog der Leistungsgruppen in einer Arbeitsversion“, sagte er auf dem Gesundheitskongress des Westens in Köln.
„Darin sind die qualitativen Mindestvoraussetzungen für die Krankenhäuser beschrieben, zum Beispiel für ein Katheterlabor.“ Zudem sei darin beschrieben, nach welchen Kriterien die Häuser ausgewählt werden sollen, die bei einem Überangebot Leistungen reduzieren müssen. Vorgesehen sei, dass der Rahmenplan im ersten Quartal des nächsten Jahres stehe.
„Dann wollen wir in die Regionen gehen, um den Ansatz mit den Akteuren vor Ort zu besprechen“, so Brink. Wichtig sei, die Krankenhausplanung dann aus den Regionen heraus zu machen und nicht mithilfe von Algorithmen.
Patientendaten nach einer Insolvenz sichern
Mit dem Gesetzentwurf soll darüber hinaus noch ein weiteres Problem gelöst werden. Im Falle der Insolvenz von Krankenhäusern ist es dem Entwurf zufolge in der Vergangenheit in seltenen Fällen dazu gekommen, dass Patientenakten durch den Krankenhausträger oder dessen Rechtsnachfolger nicht ausreichend gesichert wurden und sich Unbefugte Zutritt zu diesen verschaffen konnten.
Dies sei mit der diesbezüglichen Sensibilität, den Rechten der Patienten und den damit einhergehenden datenschutzrechtlichen Anforderungen „nicht zu vereinbaren“. Um dafür zu sorgen, dass Patientenakten ausreichend gesichert sind, sollen entsprechende Verpflichtungen der Krankenhausträger in das Gesetz aufgenommen werden. © fos/aerzteblatt.de

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