Ärzteschaft
Schnelle Sepsisdiagnostik in klinischer Prüfung
Dienstag, 20. Oktober 2020
Stuttgart – Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB haben ein diagnostisches Verfahren entwickelt, das bei einer Sepsis den Erregernachweis innerhalb weniger Stunden liefern soll. Das Verfahren ist laut dem Institut jetzt in der klinischen Prüfung.
In Deutschland sterben jedes Jahr rund 60.000 Menschen an einer Sepsis. Ist die Sepsis bakteriell verursacht, erhöht es die Überlebensrate laut dem Fraunhofer IGB signifikant, wenn der Erreger rasch bekannt ist und Ärzte gezielt antibiotisch therapieren können.
In vielen Kliniken ist es gängige Praxis, Sepsiserreger mikrobiologisch nachzuweisen. Dabei werden sie aus Blutproben der Patienten im Labor vermehrt und anschließend analysiert.
„Von Nachteil ist hierbei allerdings nicht nur, dass das Ergebnis erst nach zwei bis fünf Tagen vorliegt, sondern dass auch die Nachweisrate dieser Technik gering ist: In der Regel liefert sie nur in zehn bis 30 Prozent der Fälle ein positives Ergebnis, das dem behandelnden Arzt bei der Therapieentscheidung helfen kann“, hieß es aus dem Institut.
Forschende am Fraunhofer IGB haben ein alternatives diagnostisches Verfahren etabliert, das Erreger aller Art wesentlich schneller und zuverlässiger nachweisen soll. Es nutzt die Hochdurchsatzsequenzierung (Next-Generation Sequencing, NGS) des mikrobiellen Erbguts aus einer Blutprobe der Patienten und hat laut den Wissenschaftlern eine fünf- bis sechsfach verbesserte Nachweisrate gegenüber den kulturbasierten Techniken.
„Dabei können in einem dreistufigen Prozess aus Probenvorbereitung, Sequenzierung und bioinformatischer Auswertung mit eigens entwickelten diagnostischen Algorithmen relevante Bakterien, Viren oder Pilze ohne langwieriges Kultivierungsverfahren innerhalb von 24 bis 30 Stunden nach der Blutabnahme eindeutig identifiziert werden“, so die Wissenschaftler.
Das Verfahren eigne sich zudem nicht nur zur Sepsisdiagnose, sondern potenziell auch für andere Erkrankungen wie Endokarditis oder Liquorinfektionen. Zudem könnten Laborärzte in einer einzigen Untersuchung nicht nur die biologische Art des Erregers, sondern auch dessen Resistenzen gegenüber Antibiotika untersuchen.
„Nun testen wir unser Verfahren großflächig in der Klinik“, erläuterte Kai Sohn, Leiter des Innovationsfelds In-vitro-Diagnostik am Fraunhofer IGB. Dabei würden 500 Patienten in 20 Kliniken untersucht, berichtet er. © hil/aerzteblatt.de

Positivitätsrate von Blutkulturen
Bei 500 Patienten dürfte es sich um eine Pilotstudie handeln.

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