Medizin
Studie: Inhalative Steroide erhöhen Risiko auf Osteoporose und Knochenbrüche
Dienstag, 3. November 2020
Nottingham – Nicht nur die Einnahme von oralen Steroiden erhöht das Risiko auf eine Osteoporose und Fragilitätsfrakturen. Eine Fall-Kontroll-Studie ermittelt in Thorax (2020; DOI: 10.1136/ thoraxjnl-2020-215664) auch für die Behandlung mit inhalativen Steroiden ein signifikant erhöhtes Risiko, das mit der Dosis anstieg.
Die Osteoporose ist eine bekannte Nebenwirkung einer Glukokortikoidtherapie. Die Steroide fördern die Knochenresorption und hemmen gleichzeitig die Neubildung. Eine verminderte Kalziumresorption im Darm und eine vermehrte Ausscheidung über die Nieren sorgen dafür, dass der wichtigste „Baustoff“ für die Knochenmineralisation knapp wird.
Die inhalativen Steroide, die heute zur Langzeitbehandlung von Asthma bronchiale und anderen obstruktiven Lungenerkrankungen eingesetzt werden, galten lange als unbedenklich. In den ersten Untersuchungen wurde auch kein Einfluss auf die Knochendichte gefunden. Diese Einschätzung wird jedoch nicht mehr von allen Experten geteilt.
Pulmologen der Universität Nottingham sind jetzt einem möglichen Zusammenhang in einer Fall-Kontroll-Studie nachgegangen. Die Basis bildeten die Daten des „Clinical Practice Research Datalink“ (CPRD), die Zugriff auf die elektronischen Krankenakten von 15,4 Millionen Hausarztpatienten in Großbritannien hat.
Darunter waren 69.074 Asthmapatienten, von denen 1.564 an einer Osteoporose litten. Die Forscher stellten diesen Patienten 3.313 Asthmapatienten gegenüber, die nicht an einer Osteoporose erkrankt waren. Dann wurden die Medikationen und anderen Eigenschaften der Patienten verglichen.
Erwartungsgemäß hatten die Asthmapatienten mit Osteoporose häufiger andere Risikofaktoren für einen Knochenverlust wie Rauchen, Untergewicht, eine soziale Deprivation oder Begleiterkrankungen. Diese Faktoren wurden bei der Analyse berücksichtigt.
Die adjustierte Risikoanalyse ergab – wie zu erwarten war – dass die Einnahme von oralen Steroiden im Jahr vor der Diagnose der Osteoporose das Erkrankungsrisiko deutlich steigerte.
Schon ab 1 bis 3 Verordnungen war das Risiko signifikant erhöht. Für mehr als 9 Verordnungen im vorangegangenen Jahr ermittelten Christos Chalitsios und Mitarbeiter eine Odds Ratio von 4,50 (95-%-Konfidenzintervall 3,21 bis 6,11). Für die Dosis wurde ein grob linearer Anstieg der Odds Ratios von 2,05 bei 501 bis 1.000 mg auf 4,79 bei mehr als 2.500 mg gefunden.
Diese Ergebnisse lassen wenig Zweifel daran, dass die Verordnung von oralen Steroiden das Risiko auf eine Osteoporose steigert. Auch für Fragilitätsfrakturen war ein Zusammenhang nachweisbar. Die Odds Ratio für die höchste Dosierung betrug hier 1,99.
Die Forscher haben auch die Einnahme der inhalativen Steroide untersucht. Auch hier wurde ein signifikantes Risiko gefunden, das mit der Dosis anstieg (was ein Hinweis auf eine Kausalität ist).
Für 1 bis 6 Verordnungen im vorausgegangen Jahr betrug die adjustierte Odds Ratio 1,35 (1,14 bis 1,59). Sie stieg bei 7 bis 10 Verordnungen auf 1,51 (1,20 bis 1,82) und bei mehr als 11 Verordnungen auf 1,60 (1,22 bis 2,10). Eine ähnliche Dosis-Wirkungskurve gab es bei der kumulativen Dosis. Auch ein Anstieg der Fragilitätsfrakturen war nachweisbar. Die Odds Ratios waren niedriger als bei der Osteoporose (die nicht in jedem Fall mit einem Knochenbruch einhergeht).
zum Thema
aerzteblatt.de
Mit der Einschränkung, dass eine Fall-Kontroll-Studie niemals ausschließen kann, dass es andere Ursachen gibt, sprechen die parallelen Ergebnisse bei oralen und inhalativen Steroiden für eine Kausalität.
Eine andere Frage ist, wie hoch das absolute Risiko ist. Es hängt stark von dem Ausgangsrisiko ab. Angenommen, eine ältere Frau hat ein jährliches Ausgangsrisiko von 2 % auf eine Osteoporose. Unter einer hochdosierten Therapie mit einem oralen Steroid und einer Odds Ratio von 4 würde das absolute Risiko auf 8 % steigen, bei einem relativen Risiko von 1,5 unter einer Behandlung mit inhalativen Steroiden würde das absolute Risiko nur auf 3 % steigen.
Bei jungen Menschen, die so gut wie nie an einer Osteoporose erkranken, steigt das absolute Risiko auch bei einer hohen Odds Ratio kaum an. Was die Studie nicht untersucht hat, ist das Langzeitrisiko.
Unter der fortgesetzten Behandlung mit inhalativen Steroiden könnte es auch bei einem minimalem jährlichen Verlust an Knochenmasse langfristig zum früheren Auftreten einer Osteoporose kommen. © rme/aerzteblatt.de
Liebe Leserinnen und Leser,
diesen Artikel können Sie mit dem kostenfreien „Mein-DÄ-Zugang“ lesen.
Sind Sie schon registriert, geben Sie einfach Ihre Zugangsdaten ein.
Oder registrieren Sie sich kostenfrei, um exklusiv diesen Beitrag aufzurufen.
Login
Loggen Sie sich auf Mein DÄ ein
Passwort vergessen? Registrieren

Nachrichten zum Thema

Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.