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Politik

Stiftung analysiert COVID-19-Triage­empfehlungen in Europa

Dienstag, 27. Oktober 2020

/dpa

Berlin – Angesichts sich mit COVID-19-Patienten füllender Intensivstationen in vielen europäischen Ländern werden Rufe nach Triageempfehlungen der Parlamente oder nach einem Triage-Gesetz immer lauter.

Zwar gibt es mittlerweile einige Leitlinien, Empfehlungen und Handreichungen, die Ori­en­tierung bei der Bewältigung von Triagesituationen geben sollen, doch gesetzliche Grundlagen fehlen. Auf diese „legislative Zurückhaltung“ in Europa macht die Konrad-Adenauer-Stiftung mit ihrer jetzt veröffentlichten Untersuchung „Triage-Empfehlungen grenzüberschreitet betrachtet“ aufmerksam.

Für die Analyse wurden Intensivmediziner in neun westeuropäischen Ländern gefragt, wie bei ihnen Triage gehandhabt wird. Dabei wählte die Stiftung für die Untersuchung Länder aus, deren COVID-19-Historie und/oder deren Gesundheitssysteme sich zum Teil deutlich unterscheiden: Belgien, Deutschland, Dänemark, Frankreich, Norwegen, die Nie­derlande, Schweden, die Schweiz und Großbritannien.

Es zeigte sich eine große Spannbreite: Nur in Großbritannien sind die Triagevorgaben fak­tisch verbindlich. In Dänemark hingegen gibt es gar keine Empfehlungen. In Deutschland gebe es zwar viele Empfehlungen, und zwar von medizinischen Fachgesellschaften, Pa­tientenorganisationen, der Bischofskonferenz, dem Deutschen Ethikrat und der Bundes­ärztekammer, aber diese würden sich zum Teil widersprechen, schreibt die Autorin der Untersuchung, die Juristin Katja Gelinsky.

Generell folgten die Länder der Befragung zufolge überwiegend der Devise, mit den be­grenzten Kapazitäten möglichst viele Menschenleben zu retten. Doch auch hier gebe es unterschiedliche Auffassungen über Grenzziehungen. Uneinigkeit herrsche zum Beispiel darüber, welche Bedeutung das Lebensalter für die Zuteilung intensivmedizinischer Res­sourcen haben sollte.

Auch die Frage, ob die Behandlung von Intensivpatienten notfalls abgebrochen werden sollte, um Kranke mit voraussichtlich besseren Überlebenschancen versorgen zu können, werde sehr unterschiedlich beantwortet.

Zusammenfassend lasse sich Gelinsky zufolge feststellen, dass in allen betrachteten Län­dern mit Triageempfehlungen die Bedeutung individueller, patientenzentrierter Entschei­dungsfindung betont werde, zugleich aber überindividuelle Gesichtspunkte eine zentrale Rolle spielen.

„Das Bestreben, mit den begrenzten Kapazitäten möglichst viele Menschenleben und möglichst viele Lebensjahre zu retten, wird zwar teilweise durchaus als problematisch empfunden. Trotzdem wird das Motto „save the most“ überwiegend als Leitbild em­pfohlen“, so Gelinsky.

Nach diesem Ansatz sei es nur folgerichtig, dass eine strikte Gleichbehandlung aller Intensivpatienten unabhängig von den klinischen Erfolgsaussichten ganz überwiegend nicht empfohlen werde. © ER/aerzteblatt.de

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