Vermischtes
Mehr offene Stellen, aber auch mehr Auszubildende in Pflegeberufen
Mittwoch, 28. Oktober 2020
Hamburg – Die Pflegelücke ist in den vergangenen Jahren deutlich größer geworden. Das geht aus dem Bericht „Pflege in Deutschland – 2012 bis 2018“ der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) hervor.
Demnach ist die Zahl der offenen Stellen in der Altenpflege zwischen 2012 und 2018 um 71 Prozent gestiegen, in der Krankenpflege um 40 Prozent. Laut dem Bericht wird die Pflegelücke vor allem durch Überstunden abgefedert.
In den Jahren 2012 bis 2017 schwankte der Anteil der Beschäftigten mit Überstunden demzufolge zwischen 70 Prozent und 80 Prozent, 2018 stieg er auf 82 Prozent in der Altenpflege und 87 Prozent in der Krankenpflege.
Zeitmangel und Stress gehören für Pflegekräfte laut BGW daher zum Berufsalltag. Auch die Zahl der Krankschreibungstage ist gestiegen. In der Altenpflege von 25 im Jahr 2012 auf zuletzt 27,7 Tage, in der Krankenpflege von 20 auf 23,5 Tage.
„Im Gegensatz zu dem Anstieg an Arbeitsunfähigkeitstagen unterlagen die Arbeitsunfälle des Pflegepersonals zwischen 2012 und 2018 keinen wesentlichen Veränderungen“, heißt es in dem Bericht. In der Krankenpflege ereigneten sich im Jahr 2018 21,1 Arbeitsunfälle je 1.000 Vollbeschäftigte.
„Damit liegt die Arbeitsunfallquote in der Krankenpflege in einem mittleren Bereich und ist vergleichbar mit der Arbeitsunfallquote der gewerblichen Wirtschaft und des öffentlichen Dienstes“, so die Autoren. Die Arbeitsunfallquote in der Altenpflege sei mit 13,8 je 1.000 Vollbeschäftigte hingegen geringer und zeige darüber hinaus in den vergangenen Jahren eine abnehmende Tendenz.
Rückläufig sei auch die Zahl der Berufskrankheiten. „Dies kann als Erfolg wirksamer Prävention gewertet werden. Eine Analyse der in der BGW-Datenbank erfassten Berufskrankheiten der Jahre 1996 bis 2017 zeigt beispielsweise, dass eine verbesserte Hygieneaufklärung der Beschäftigten im Gebrauch mit Arbeitsmitteln und infektiösem Material half, die Anzahl der Infektionen unter den gemeldeten Berufskrankheiten im Gesundheitswesen insgesamt zu reduzieren“, heißt es in dem Bericht.
Um die statistischen Daten in Praxiserfahrungen einzubetten, haben die BGW-Autoren im Juni und Juli 2020 Interviews mit Beratern der BGW geführt. Die Befragten haben zwischen acht und 40 Jahre Berufserfahrung in der Pflege, Pflegeberatung und Pflegeaufsicht.
Insgesamt bewerten alle Befragten die Arbeitssituation von Pflegekräften in der Kranken- und Altenpflege als sehr belastend. Ursachen dafür seien die steigenden Anforderungen und Aufgaben sowie der Fachkräftemangel. Durch die vermehrten Dokumentationspflichten leide die Zeit, die direkt mit den betreuten Personen verbracht werden kann.
Eine weitere Stressbelastung seien „eine fordernde bis herausfordernde Klientel sowie Angehörige, die dem Pflegepersonal als selbst ernannte Experten gegenübertreten“, heißt es in dem Bericht.
Deutlich mehr Interesse an Ausbildung in Pflegeberufen
Trotz hoher Arbeitsbelastung ist das Interesse an einer Ausbildung in einem Pflegeberuf im vergangenen Jahr deutlich gestiegen, wie aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen. Demnach begannen im vergangenen Jahr 71.300 Menschen eine Ausbildung in einem Pflegeberuf.
Das waren 8,2 Prozent beziehungsweise 5.400 mehr als ein Jahr zuvor. Rund 44.900 Menschen schlossen den Angaben zufolge im vergangenen Jahr ihre Ausbildung in einem Pflegeberuf erfolgreich ab. Besonders deutlich zeigt sich das Wachstum im Zehn-Jahre-Vergleich.
Hatten im Jahr 2009 noch 51.400 Menschen eine Ausbildung im Pflegebereich begonnen, waren es 2019 mit 71.300 etwa 39 Prozent mehr. Damit stieg auch die Zahl derer, die ihre Ausbildung erfolgreich absolviert haben. 2019 schlossen 25 Prozent mehr Menschen ihre Ausbildung in einem Pflegeberuf erfolgreich ab als zehn Jahre zuvor. Dabei stieg auch der Männeranteil. Während er 2009 noch bei 19 Prozent lag, waren im Jahr 2019 ein Viertel der Berufsanfänger männlich.
Zu den Pflegeberufen zählen die Ausbildungen in der Altenpflege, der Gesundheits- und Krankenpflege sowie der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege. Außerdem gibt es die Möglichkeit, eine einjährige Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflegehilfe oder der Altenpflegehilfe zu absolvieren.
Unter diesen Ausbildungsberufen verzeichnete die Altenpflege den stärksten Zuwachs: von 19.400 im Jahr 2009 auf 27.300 im Jahr 2019. Dies entspricht den Angaben zufolge einer Steigerung von 41 Prozent. Doch auch der Ausbildungsgang der Gesundheits- und Krankenpflege konnte mit 26.600 neuen Auszubildenden im Jahr 2019 rund 5.200 mehr Menschen gewinnen als zehn Jahre zuvor, hieß es.
Dabei schreckten offenbar auch Wochenendarbeit und Schichtdienst Interessenten an den Pflegeberufen nicht ab. Denn rund 60 Prozent der Krankenpflege- und 57 Prozent der Altenpflegekräfte arbeiteten 2019 im Schichtdienst. Noch mehr waren von Wochenendarbeit betroffen: 74 Prozent der Kranken- und 79 Prozent der Altenpflegekräfte arbeiteten im vergangenen Jahr regelmäßig samstags und sonntags. © hil/dpa/aerzteblatt.de

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