Politik
Gesetzesvorhaben um ambulante Notfallbehandlung sorgt für neuen Ärger
Donnerstag, 29. Oktober 2020
Berlin – Der Referentenentwurf eines Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzes (GVWG) greift erneut die bestehenden Probleme bei der ambulanten Notfallversorgung auf.
Im Gesetzentwurf ist ein standardisiertes und bundesweit einheitliches Ersteinschätzungsverfahren für die ambulante Notfallbehandlung im Krankenhaus vorgesehen, welches von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) erarbeitet werden soll. Dies lehnt die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) entschieden ab.
Der Entwurf eines GVWG sieht vor, mittels eines solchen Verfahrens für „eine verbesserte Patientensteuerung in der ambulanten Notfallversorgung“ zu sorgen, wie es in der Begründung heißt. Das von der KBV im Benehmen mit der DKG und dem GKV-Spitzenverband zu erarbeitende Verfahren soll auch die Voraussetzung für die Abrechnung ambulanter Notfallleistungen durch die Krankenhäuser bilden.
Für die DKG stellt dies eine „Provokation“ dar. Damit werde der Organisation der niedergelassenen Ärzte die Kompetenz, den unter medizinisch fachlicher Leitung stehende Notfallambulanzen der Krankenhäuser Vorgaben zu machen, zugesprochen. „Diese Kompetenz ist im KV-System schlichtweg nicht vorhanden“, erklärte Georg Baum, Hauptgeschäftsführer der DKG.
Die Tatsache, dass die geplanten gesetzlichen Vorgaben nur für die medizinisch geleiteten Ambulanzen der Krankenhäuser und nicht für die der Vertragsärzte gelten sollen, mache diese Initiative aus dem BMG in besonderer Weise unverständlich, so die DKG.
Aus Sicht des BMG konkretisiert die geplante Regelung mittels der zu erarbeitenden Vorgaben jedoch nur bereits bestehendes Recht, wonach andere als die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen oder ermächtigten Leistungserbringer grundsätzlich nur in Notfällen für eine ambulante Behandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch genommen werden dürfen (Paragraf 76 SGB V).
Darüber hinaus soll mit dem Gesetz der Zugang zur Terminvermittlung durch die Terminservicestellen nach Vorstellung in der Notfallambulanz durch Wegfall des Überweisungserfordernisses erleichtert werden.
Zudem sollen Terminservicestellen verpflichtet werden, auch kurzfristige ärztliche Telefonkonsultationen zu gewährleisten. Hierbei könnten, so heißt es in der Gesetzesbegründung, die Terminservicestellen die Konsultation entweder selbst durch eigenes ärztliches Personal durchführen oder kurzfristige Rückrufmöglichkeiten anderweitig, etwa im Wege von Kooperationen mit Arztpraxen, sicherstellen.
Qualitätsverträge
Der Gesetzentwurf sieht auch vor, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ab dem Jahr 2021 jährlich eine aktuelle Übersicht dazu veröffentlicht, welche Krankenkassen und Zusammenschlüsse von Krankenkassen Qualitätsverträge geschlossen haben.
Die Auflistung soll einschließlich der Angaben, mit welchen Krankenhäusern und zu welchen Leistungen oder Leistungsbereichen sowie über welche Zeiträume die Qualitätsverträge geschlossen wurden, erfolgen.
Außerdem soll die Aufgabe der Krankenkassen, Qualitätsverträge mit Krankenhäusern zu erproben, verbindlicher gestaltet werden, indem ein jährliches Ausgabevolumen pro Versicherten vorgegeben wird.
Vorgesehen ist für das Jahr 2022 zunächst ein Betrag in Höhe von 0,30 Euro jährlich. Unterschreiten die jährlichen Ausgaben den Betrag, soll die Krankenkasse die nicht verausgabten Mittel im Folgejahr an die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zahlen.
Zudem soll der G-BA bis zum Jahr 2024 weitere Anwendungsbereiche für Qualitätsverträge bestimmen. Daneben sollen die Vorgaben für die Evaluierung der Qualitätsverträge präzisiert werden.
Obduktionen
Mit einer Anpassung des Krankenhausentgeltgesetzes soll eine angemessene Refinanzierung klinischer Sektionen zur Qualitätssicherung gewährleistet werden.
„Bei der Ermittlung des durch den Zuschlag zu finanzierenden Betrages sind jeweils die für den maßgeblichen Zeitraum vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus kalkulierten Kosten einer klinischen Sektion in voller Höhe zugrunde zu legen“, heißt es dazu im Gesetzentwurf.
Im Krankenhausstrukturgesetz wurden 2015 für den Zuschlag für klinische Sektionen Mehrausgaben für alle Kostenträger von jährlich 20 Millionen Euro angesetzt. Laut Referentenentwurf wurden diese im Jahr 2019 nur zu knapp fünf Prozent ausgeschöpft. Deshalb sollen die Obduktionsraten und indikationsbasierte Kriterien für die Auswahl der zu obduzierenden Todesfälle aufgehoben werden.
DMP Adipositas
Um die Versorgung der Versicherten mit krankhaftem Übergewicht zu verbessern, soll der G-BA beauftragt werden, innerhalb von zwei Jahren nach Verkündigung des Gesetzes ein neues strukturiertes Behandlungsprogramm (DMP) Adipositas zu entwickeln.
Hierzu soll das Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung in seinen Richtlinien die entsprechenden Anforderungen an die Ausgestaltung der neuen Behandlungsprogramme regeln. © aha/aerzteblatt.de

"Sicherstellungsauftrag" als fundamentale Grundlage
https://www.bayerischerfacharztverband.de/fileadmin/bayerischer_facharztverband/user/pdf/DrDurchblicksSicherstellung.pdf

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