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Politik

Probleme wegen Personalmangels in der Intensivpflege erwartet

Montag, 2. November 2020

/dpa

Berlin – 97 Prozent der Mitarbeiter von Intensivstationen glauben nicht, dass ausrei­chend Intensivpflegekräfte zur Verfügung stehen, um die etwa 30.000 im Register der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) gemel­deten Intensivbetten in der zweiten Welle der Coronapandemie einsetzen zu können. Zudem befürchten 93 Prozent eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen auf den Intensivstationen in den kommenden Monaten.

Das geht aus einer Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) hervor, die exklusiv dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt. An der Umfrage beteiligten sich 1.098 Mitarbeiter, die auf deutschen Intensivstationen beschäf­tigt sind – darunter 72 Prozent Intensivpflegekräfte und 25 Prozent Ärzte.

Nur 24 Prozent der Befragten erklärten demnach, dass es ihnen bekannte Pläne in ihrem Krankenhaus gebe, die ein Aufstocken der Pflegekräfte im Krisenfall vorsehen. Von diesen 24 Prozent meinten nur 16 Prozent, dass die zusätzlichen Kräfte für den Krisenfall ausrei­chend eingearbeitet seien.

„Das lässt darauf schließen, dass eine qualitativ hochwertige und vor allem sichere inten­sivpflegerische Versorgung im Ernstfall nicht flächendeckend gewährleistet werden kann“, betonten die Initiatoren der DGIIN-Umfrage, Christian Karagiannidis, Carsten Hermes und Uwe Janssens.

Probleme bei Kinderbetreuung führen zu Personalausfall

Ein wesentlicher Aspekt bei der Entwicklung der Personalsituation sei auch die Kinder­be­treuung, die einen erheblichen Einfluss auf den Ausfall insbesondere der Intensivpfle­gen­den habe, erklärten sie.

Der Umfrage zufolge haben 36 Prozent der Befragten Kinder im Vorschulalter oder in der Schule. 71 Prozent davon müssen ihr Kind aus der Kita oder der Schule nehmen, wenn es Husten oder Schnupfen hat. Nur 26 Prozent können in der Regel jedoch an diesen Tagen eine alternative Kinderbetreuung organisieren.

Und 73 Prozent haben Angst, ihr Kind zu den Großeltern zu geben – aus Sorge, diese könnten sich mit SARS-CoV-2 infizieren. Dabei stellen die Arbeitgeber bei nur neun Pro­zent der Befragten alternative Betreuungsmöglichkeiten zur Verfügung. Im Endergebnis befürchten 33 Prozent der Befragten, dass sie infolge die aktuellen Coro­na­regelungen mehr der Arbeit fernbleiben müssten als vor der Pandemie.

„Durch die Coronaschutzverordnung entstehen wesentliche Kollateralschäden im Bereich der Intensivmedizin“, betonten die Initiatoren der Umfrage. Im Ergebnis werde die unzu­reichende Personalsituation zusätzlich verschärft.

Hälfte der Belegschaft ist so motiviert wie im Frühjahr

45 Prozent der Befragten gaben darüber hinaus an, dass sie Vorbehalte gegenüber sich oder ihren Kindern wahrgenommen hätten, da sie beruflich mit COVID-19-Patienten in Kontakt kommen könnten.

48 Prozent der Befragten berichteten davon, dass sie derzeit nicht mehr so motiviert sei­en zu arbeiten wie in der ersten Pandemiewelle. Umgekehrt sind jedoch 52 Prozent so motiviert wie im Frühjahr.

Vier von fünf haben ausreichend Schutzausrüstung

89 Prozent der Teilnehmenden gaben an, dass sie trotz der deutlichen Herausstellung der Systemrelevanz ihres Berufes im Zuge der Pandemie keine gesteigerte Wertschätzung em­pfänden. 86 Prozent zeigten sich frustriert angesichts des Hickhacks um die Corona­prä­mie für Pflegekräfte im Krankenhaus.

82 Prozent der Befragten erklärten, für sie stehe für die kommenden sieben Tage ausrei­chend persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung. Allerdings sagten nur 48 Prozent, dass die zur Verfügung gestellte Schutzausrüstung den Qualitätsanforderungen wie vor der Pandemie entspreche.

DGIIN fordert zweiten Rettungsschirm für Krankenhäuser

Der Umfrage zufolge liegt der durchschnittliche Betreuungsschlüssel auf der Intensiv­sta­ti­on in der Tagschicht aktuell bei einer Intensivpflegekraft pro 2,7 Patienten. Die gesetz­li­che Untergrenze für den Personalschlüssel liegt bei 1:2,5. Die DGIIN empfiehlt einen Per­sonalschlüssel von 1:2.

„Der Betreuungsschlüssel Pflegefachperson zu Patienten ist bereits jetzt schlechter als 1:2 in den Tagschichten, obwohl bisher noch keine COVID-19-bedingte Überlastung in der Intensivmedizin stattgefunden hat“, geben die Initiatoren der Umfrage zu bedenken.

„Dies ist insbesondere in Anbetracht der Schwere der COVID-19-Erkrankung und dem da­mit verbundenen hohen pflegerischen Versorgungsaufwand kein guter Ausgangswert, da davon auszugehen ist, dass die Zahl der COVID-19-Patienten deutlich steigen wird und einzelne Intensivstationen überlastet sein werden.“

Weil die Situation bereits jetzt angespannt sei, sei eine Überlastungssituation der Inten­siv­­medizin zu befürchten, sofern kein Personal aus anderen Bereichen rekrutiert und zur Unterstützung auf den Intensivstationen eingesetzt werden könne.

„Da dies unweigerlich mit einer Einschränkung elektiver Leistungen einhergeht, brauchen die Krankenhäuser dringend einen zweiten Rettungsschirm zur Kompensation der finan­ziellen Ausfälle und zur Finanzierung von Fremdarbeit und notwendigen Personalschu­lungen“, betonen die Initiatoren.

Es müsse alles darangesetzt werden, das Intensivpersonal, und zwar sowohl Pflegefach­personen als auch Ärztinnen und Ärzte, maximal und nachhaltig zu unterstützen. © fos/aerzteblatt.de

Kommentare

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Avatar #839039
FreddyMueller
am Dienstag, 3. November 2020, 11:41

Alternative Konzepte?

Ein Lob an alle Alltäglichen Helfer!
Vielleicht sollte man sich neben finanziellen Mitteln auch Gedanken bezüglich alternativen Konzepte machen.
LNS
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