Politik
Konzertierte Aktion Pflege: Drei Minister mit Zwischenbilanz zufrieden
Freitag, 13. November 2020
Berlin – Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) haben heute den Zwischenbericht zur Konzertierten Aktion Pflege (KAP) vorgelegt.
Die Aktion wurde von den drei Ministern gemeinsam mit Verbänden und Organisationen aus dem Pflegebereich vor zwei Jahren begonnen, um die Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern und auf diese Weise den Pflegemangel zu bekämpfen.
In den Bereichen Ausbildung, Arbeitsschutz, Digitalisierung, Pflegekräfte aus dem Ausland und Entlohnungsbedingungen wurden im vergangenen Jahr zahlreiche Ziele formuliert, die die Partner der Aktion gemeinsam erreichen wollen. Mit dem Zwischenstand zeigten sich die drei Minister heute zufrieden.
„Die Zwischenbilanz der Konzertierten Aktion kann sich sehen lassen“, sagte Spahn. „So stark wie in dieser Legislaturperiode sind die Löhne in der Pflege wahrscheinlich noch nie gestiegen. Noch nie wurde für so viele neue Pflegestellen gesorgt. Und wir haben Pflegepersonaluntergrenzen in den Krankenhäusern eingeführt, damit keiner auf der Station überfordert wird.“
Ausbildungszahlen steigen
Giffey erklärte, dass das Ziel der KAP, zehn Prozent mehr Auszubildende in der Pflege zu bekommen, in einigen Bundesländern bereits erreicht sei. „In Sachsen-Anhalt gab es eine Steigerung von 11,6 Prozent, in Bayern eine Steigerung von zehn Prozent. Insgesamt befinden sich in diesem Jahr 57.000 Menschen in einer Pflegeausbildung.“
Einer der Gründe dafür sei, dass mit der Einführung der generalistischen Pflegeausbildung bundesweit das Schulgeld abgeschafft und eine Ausbildungsvergütung eingeführt worden sei.
Zudem sei die Ausbildung mit der Generalistik noch attraktiver geworden, weil sich die Auszubildenden nicht gleich am Anfang für die Kranken-, die Alten- oder die Kinderkrankenpflege entscheiden müssten. Und man könne nach der Ausbildung nun auch ein Studium anschließen. „Bereits 30 Studiengänge sind dieses Jahr gestartet“, sagte Giffey.
Heil möchte Tarifvertrag auf ganze Branche ausweiten
Heil zeigte sich optimistisch, den vor Kurzem zwischen der Gewerkschaft Verdi und der neu gegründeten Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) geschlossenen Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklären zu können.
Auf diese Weise würde der Tarifvertrag für die gesamte Branche gelten. Examinierte Altenpflegekräfte würden demnach ab 2023 mindestens 18,50 Euro pro Stunde erhalten. Bei einer 39-Stunden-Woche ergäbe das einen Bruttoverdienst von 3.137 Euro im Monat.
Insbesondere die privaten Arbeitgeber kritisieren allerdings, dass die BVAP nur einen kleinen Teil der Arbeitgeber in der Pflege vertrete und ein nur von der BVAP unterzeichneter Tarifvertrag deshalb nicht auf die ganze Branche übertragen werden könne.
Heil erklärte, dass andere Arbeitgeberverbände, zum Beispiel kirchliche Träger, nun die Möglichkeit hätten, sich an den Tarifvertrag anzulehnen. „Wir haben in diesen Wochen die Riesenchance, dass es zu einer Allgemeinverbindlichkeitserklärung kommt“, sagte Heil.
„Sobald mir ein entsprechender Antrag vorliegt, werde ich ihn zügig prüfen. Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, werde ich ihn für die gesamte Branche für allgemeinverbindlich erklären. Ich bin zuversichtlich, dass das gelingt.“ Er appellierte an alle Beteiligten, diese Chance zu nutzen und sich dem BVAP-Tarifvertrag anzuschließen.
Wenig Pflegekräfte aus dem Ausland
Spahn berichtete, wie viele der 13.000 Stellen, die mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz in der stationären Altenpflege finanziert worden waren, bis heute besetzt werden konnten.
„Bislang wurden etwa 3.600 Stellen besetzt“, sagte er. Das zeige, „dass wir im Moment nicht daran scheitern, dass die Stellen nicht da sind, sondern dass der Arbeitsmarkt leergefegt ist.“ Dennoch sei es die Voraussetzung für die Einstellung von mehr Pflegekräften, dass die Stellen finanziert seien.
Dass bislang kaum Pflegekräfte aus dem Ausland gewonnen worden seien, liege an der Coronapandemie, betonte der Gesundheitsminister.
Mit der Einrichtung der Deutschen Fachkräfteagentur für Gesundheits- und Pflegeberufe seien die Prozesse im Bereich der Visumserteilung und der Berufsanerkennung aber optimiert worden. Nach dem Ende der Coronapandemie könne man deshalb auf mehr Pflegekräfte hoffen, die aus dem Ausland nach Deutschland kommen.
Spahn: „Pflege kann nicht jeder“
Die drei Minister betonten den großen Wert, den die Pflege für die Gesellschaft habe. „Pflegekräfte arbeiten hart und oft unter schwierigen Bedingungen“, sagte Heil. „Die Arbeit mit und am Menschen ist körperlich und psychisch fordernd und sie bedeutet ein hohes Maß an Verantwortung und Stress. Das galt schon vor Corona, aber die Pandemie hat noch einmal deutlich gemacht, was Pflegekräfte leisten.“
„Pflege kann nicht jeder“, betonte Spahn. Der Beruf folge auf eine hochqualifizierte Ausbildung, an die viele noch Zusatzqualifikationen anschlössen. Vor diesem Hintergrund zählt auch die Ausweitung der Eigenverantwortung zu den Zielen der KAP.
„Für die interprofessionelle Zusammenarbeit im Gesundheits- und Pflegebereich wurde ein Strategieprozess eingeleitet“, heißt es im Zwischenbericht. „Gemeinsam wird die Rolle der Pflege in der interprofessionellen Zusammenarbeit untersucht.“
Vorzüge des Berufs aufzeigen
Aktuell werde eine Erweiterung der Versorgungsbefugnisse für Pflegefachkräfte, etwa im Rahmen des Wundmanagements, der häuslichen Krankenpflege und der Verordnung von bestimmten Hilfsmitteln vorgeschlagen.
„Im Strategieprozess wurde auch geklärt, wie Modellvorhaben zur selbständigen und eigenverantwortlichen Ausübung von Heilkunde durch Pflegefachpersonen einfacher und attraktiver werden und bei erfolgreicher Durchführung zügiger in der Regelversorgung ankommen können“, heißt es weiter. „Ergebnisse der Beratungen sollen noch in dieser Legislaturperiode gesetzlich umgesetzt werden.“
Zugleich rief Spahn die Pflegenden auf, die Vorzüge ihres Berufes stärker in den Mittelpunkt zu stellen, um aus der Pflege heraus das Bild des Berufes zu verbessern. „Das geht nur mit der Pflege“, sagte er. „Ein Beruf, der von sich selbst als Notstandsgebiet spricht, hat es schwer, als positiv wahrgenommen zu werden.“
DPR forderte weitere Anstrengungen
Der Deutsche Pflegerat (DPR) zeigte sich mit dem Zwischenbericht zufrieden, forderte jedoch weitere Anstrengungen aller beteiligten Akteure. „Die Einrichtung der Konzertierten Aktion Pflege war und ist wichtig und richtig, weil sie die relevanten Akteure an einen Tisch gebracht hat“, betonte DPR-Vizepräsidentin Christine Vogler.
„Denn die Politik allein kann die anstehenden Aufgaben und Probleme im Pflege- und Gesundheitsbereich nicht lösen. Es bedarf der Zusammenarbeit aller Beteiligter, um voranzukommen.“
Doch es bleibe noch viel zu tun. Allem voran bedürfe es einer besseren Personalausstattung in der Pflege, der weiteren Ausgestaltung der hochschulischen Ausbildung und einer verbindlichen tariflichen Bezahlung. „Hier bleiben die aktuellen Ergebnisse der Konzertierten Aktion Pflege teilweise noch hinter den Erwartungen zurück“, so Vogler. „Entscheidend ist, Lösungen zeitnah in die Umsetzung zu bringen.“ © fos/kna/aerzteblatt.de

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