Medizin
SARS-CoV-2: D614G-Mutation hat Infektiosität, nicht aber Pathogenität erhöht
Freitag, 13. November 2020
Chapel Hill/North Carolina – Die D614G-Mutation im Gen für das Spike-Protein von SARS-CoV-2 hat in Zellkulturen und in Tierexperimenten, deren Ergebnisse jetzt in Science (2020; DOI: 10.1126/science.abe8499) vorgestellt wurden, die Infektiosität von SARS-CoV-2 deutlich erhöht. Ein Anstieg der Pathogenität war jedoch nicht nachweisbar.
Die D614G-Variante hat sich in der derzeitigen Pandemie erstaunlich schnell durchgesetzt. Sie ist heute weltweit für die meisten Infektionen mit SARS-CoV-2 verantwortlich. Ein Team um Ralph Baric von der Universität von North Carolina in Chapel Hill hat in einer Reihe von Experimenten versucht, die Gründe hierfür zu ermitteln.
Die Forscher haben die D614G-Mutation in SARS-CoV-2 erzeugt und dann Zellkulturen infiziert. In einem Experiment vermehrten sich die Zellen 3,7 bis 8,2-fach stärker. Wenn die Zellen mit beiden Varianten infiziert wurden, benötigten die Viren mit der D614G-Mutation gerade einmal 3 Passagen, um sich gegenüber dem Wildtyp von SARS-CoV-2 durchzusetzen. Auch bei Hamstern haben die Viren mit der D614G-Mutation schnell andere verdrängt.
Die Pathogenität von SARS-CoV-2 wurde durch die Viren nicht erhöht. Die infizierten Hamster verloren zwar etwas mehr an Gewicht, die Läsionen in den Lungen unterschieden sich laut Baric jedoch nicht wesentlich von einer Infektion mit dem Wildtyp. Die erhöhte Infektiosität könnte darauf beruhen, dass sich die Viren infolge der D614G-Mutation vor allem in der Nasenschleimhaut schneller ausbreiten.
Dies führt vermutlich zu einer vermehrten Ausscheidung der Viren. In Experimenten, in denen jeweils ein infiziertes mit einem gesunden Tier in einem Käfig zusammengebracht wurde, steckten sich innerhalb von zwei Tagen sechs von acht Begleithamster mit der D614G-Variante an. Nach vier Tagen waren die Tiere in allen Käfigen infiziert. Bei dem Wildtyp erfolgte an den ersten beiden Tagen keine einzige Übertragung. Nach vier Tagen waren jedoch ebenfalls alle exponierten Tiere infiziert.
Negative Auswirkungen auf die Wirksamkeit einer Serumtherapie oder auf die Behandlung mit monoklonalen Antikörpern, die derzeit klinisch geprüft werden, sehen die Forscher nicht. Die neutralisierende Wirkung von 25 Spenderseren und 6 monoklonalen Antikörpern war nicht herabgesetzt, obwohl „subtile Veränderungen“ erkennbar waren.
Die Schutzwirkung der derzeitigen Impfstoffe wird nach Einschätzung der Forscher ebenfalls nicht herabgesetzt, obwohl sie hierzu keine Experimente durchgeführt haben. © rme/aerzteblatt.de

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