Medizin
EPIC-Studie: Vegetarische und vegane Ernährung könnte Knochenbruchrisiko erhöhen
Donnerstag, 3. Dezember 2020
Oxford – Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, hatten in einer prospektiven Beobachtungsstudie in BMC Medicine (2020; DOI: 10.1186/s12916-020-01815-3) ein erhöhtes Knochenbruchrisiko, das teilweise auf das geringere Körpergewicht und die verminderte Aufnahme von Proteinen und bei Veganern auch von Kalzium zurückzuführen war. Bei Veganern könnten noch andere Faktoren eine Rolle spielen.
Kalzium ist nicht nur ein wichtiger Bestandteil des Knochens. Das Mineral wird auch für die Funktion vieler Enzyme, die Blutgerinnung und die Muskelfunktion gebraucht, weshalb die Kalziumkonzentration im Blut hormonell reguliert wird. Bei einem Mangel greift der Körper auf die Vorräte im Knochen zurück.
Dies kann langfristig die Entwicklung einer Osteoporose fördern. Kalzium ist vor allem in Milchprodukten enthalten, die Veganer nicht zu sich nehmen. Es wird deshalb seit längerem vermutet, dass Veganer im Alter schneller an einer Osteoporose erkranken und deshalb häufiger Knochenbrüche erleiden.
Eine eiweißarme Kost wirkt sich ungünstig auf die Muskulatur aus, die zu 20 % aus Proteinen besteht und deren Erhalt und Reparatur auf eine ausreichende Eiweißaufnahme angewiesen ist. Ein Muskelmangel begünstigt Stürze, die auch ohne Osteoporose zu Knochenbrüchen führen können. Vegetarier und Veganer sind hier gleichermaßen gefährdet, weil sie mit dem Fleisch auf eine wichtige Proteinquelle verzichten.
Leichtes Übergewicht schützt dagegen vor Knochenbrüchen, weil die Fettpolster die Stürze abfangen können. Vegetarier und Veganer sind oft schlanker als Fleischesser. Ihr niedriger Body-Mass-Index ist in vielen Bereichen gut für die Gesundheit, ein erhöhtes Knochenbruchrisiko könnte zu den wenigen Nachteilen gehören.
Ein Team um Tammy Tong von der Universität Oxford hat jetzt an der britischen EPIC-Kohorte untersucht, wie sich eine vegetarische und vegane Lebensweise auf das Knochenbruchrisiko auswirkt. An der Studie hatten zwischen 1993 und 2001 in Oxford und Bristol insgesamt 54.898 Erwachsene teilgenommen. Die Essgewohnheiten waren zu Beginn und 2010 erneut erfragt worden.
Da die Teilnehmer von ihren Hausärzten rekrutiert wurden, konnte Tong über die elektronischen Krankenakten ermitteln, wie viele in den folgenden Jahren Knochenbrüche erlitten. Während einer Nachbeobachtungszeit von durchschnittlich 18 Jahren kam es zu insgesamt 3.941 Frakturen.
Die Auswertung ergab, dass die Vegetarier zu 11 % und die Veganer zu 50 % häufiger Knochenbrüche erlitten. Am deutlichsten waren die Auswirkungen auf die Hüftfrakturen, die bei Vegetariern zu 34 % häufiger und bei den Veganern sogar 2,64-fach häufiger waren als bei den Fleischessern.
Die Pesco-Vegetarier hatten hier ein um 33 % erhöhtes Risiko. In den anderen Bereichen fielen sie nicht durch ein erhöhtes Knochenbruchrisiko auf. Vegetarier und Veganer hatten auch ein um 28 und 67 % erhöhtes Risiko auf Armbrüche. Beinbrüche waren bei den Veganern 2,0-fach häufiger als bei den Fleischessern. Veganer hatten auch ein um 73 % erhöhtes Risiko auf Schlüsselbein-, Rippen- und Wirbelfrakturen.
Bei diesen Ergebnissen sind bereits Alter und Geschlecht, Armut, körperliche Bewegung und Rauchen sowie bei Frauen Menopause und Hormoneinnahme berücksichtigt.
In weiteren Modellberechnungen haben die Forscher den Einfluss des BMI, der Kalziumzufuhr und der Proteinzufuhr herausgerechnet. Am Ende blieb für die Veganer ein um 30 % erhöhtes Knochenbruchrisiko übrig.
Die Zahl der Hüftfrakturen war um 94 %, die der Beinfrakturen um 81 % und die der Schlüsselbein-, Rippen- und Wirbelfrakturen um 61 % erhöht. Für die Vegetarier war kein signifikant erhöhtes Risiko mehr nachweisbar. Die Gründe für das besondere Risiko der Veganer konnte die Studie nicht klären. © rme/aerzteblatt.de
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Immerhin
Dass diesem zum Zusammenhang von Ernährung und Krebs erhobenen Datenschatz immer neue Informationen extrahiert werden, ist völlig normal. wesentliche Änderungen des Ernährungsverhaltens sind ja nicht eingetreten - nur gibt es immer mehr Vegetarier und Veganer.
Die Ergebnisse sind immer noch relevant, nur ständig angezweifelt. EPIC hat die 5-am-Tag-Regel der Deutschen Gesellschaft für Ernährung genauso widerlegt wie die aus unsauberen kleinen Studien hergeleiteten Risiken von willkürlich definerten Fleischsorten...
auch wenn ALLE ernährungsmedizinischen Studien einen riesigen "reporting bias" haben und der wissenschaftliche Goldstandard des Experiments grundsätzlich fehlt, sind die EPIC-Daten zuverlässiger als die sonst übliche Ernährungswissenschaft "by eminence" statt "evidence"
Die Daten sind jedenfalls überzeugend und physiologisch nachvollziehbar.

Dass sowas überhaupt seinen Weg in ein Ärzteblatt findet

Uralt und nicht ausreichend dargestellt
Eine wesentliche Info der Studie ist jedoch, dass das Risiko einer Fraktur für Veganer gleich ist wie bei Allesessern, sobald die tägliche Calciumaufnahme 525mg/Tag übersteigt, also deutlich unter der Empfehlung der DGE für Allesesser (vgl. auch calziurischer Effekt tierischen Eiweißes).
Die Aussage des Autors dieses Artikels, dass Veganer "mit dem Fleisch auf eine wichtige Proteinquelle verzichten" ist wirklich vollkommener Blödsinn und medizinisches Wissen des 19. Jhd.
Veganer nehmen praktisch in allen Kohortenstudien mehr als 10% ihrer Energie über Protein auf und liegen somit ebenfalls über der Empfehlung der DGE. Ebenso wie Allesesser, die laut nationaler Verzehrstudie II unter den Männern mit im Schnitt 18% Protein viel zu viel davon aufnehmen, was zunehmend im Verdacht steht das Risiko einer malignen Erkrankung zu erhöhen.
Mehr Ausgewogenheit und v.a. Tiefgang wäre schön!

Zu generische Grundhaltung
Zudem gibt es sehr gute Protein und Calcium alternativen für Veganer. Hüllsenfrüchte, Kohl, Nüsse uvm. Ein Ochse kann auch immense Muskeln aufbauen ohne je ein Steak gegessen zu haben ...
Das Milch ein guter Calcium Lieferant ist, wurde meines Wissens auch von anderen Langzeitstudien widerlegt. Sie erhöht zwar den Calcium Spiegel im Blut die Milchsäure fördert jedoch aktiv den Knochenabbau und fördert damit auch Osteoporose.

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