Vermischtes
Aerosolwolken variieren in Orchesterstudie je nach Instrument
Mittwoch, 25. November 2020
München – Eine neue Untersuchung zur Ausbreitung von Aerosolen in Orchestern legt die Möglichkeit kleinerer Mindestabstände zwischen den Musikern nahe – zumindest zur Seite hin. Sie zeigt auch, dass je nach Instrument andere Abstände nach vorne notwendig sind.
Im Gegensatz zu Studien, die die absolute Aerosolkonzentration durch das Musizieren gemessen haben, war der Ansatz dieser Studie des LMU Klinikums München, des Universitätsklinikums Erlangen und des Bayerischen Rundfunks (BR), die akute Ausbreitung und Verteilung von Aerosolen im Raum durch das Spielen von Blasinstrumenten zu bestimmen.
Die Wissenschaftler bauten dazu im Studio 2 am BR-Standort Unterföhring eine Versuchsanordnung auf, in der Aerosole, die durch die Basissubstanz von E-Zigaretten inhaliert wurden, in ihrer Ausbreitung beim Spielen von Blasinstrumenten beobachtet und ausgemessen werden konnten.
Die Auswertung der Messungen über die abgestrahlten Aerosolwolken ergab den Forschern zufolge, dass der Abstand der Musiker zu ihren Kollegen nach vorne größer sein sollte als der Abstand zur Seite. Voraussetzung sei, dass der Raum permanent gelüftet wird und damit die Aerosole regelmäßig durch Frischluft entfernt werden.
„Die Abstrahlung zur Seite blieb bei allen Musikern unter einem Meter. Ein Sicherheitsabstand von 1,5 Meter erscheint daher, im Gegensatz zu den bisher empfohlenen zwei Metern, hinreichend– mit Ausnahme der Querflöte“, sagte Matthias Echternach, Professor am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München.
Die Analyse ergab auch, dass sich die gemessenen Blasinstrumente in ihrer Abstrahlcharakteristik nach vorne unterscheiden. Für die Trompete und die Klarinette habe die Wissenschaftler im Mittel Abstände der Wolke vom Mund von 0,9 Meter gemessen. Vereinzelte Musiker erreichten jedoch auch Weiten von 1,5 Meter, sodass Sicherheitsabstände von zwei Meter nach vorne sinnhaft erscheinen würden, hieß es.
Bei der Querflöte habe die gemessene Impulsabstrahlung nach vorne über das Mundstück sogar Weiten von bis zu zwei Metern gezeigt. Daher seien Sicherheitsabstände von zwei Meter hier als zu gering und drei Meter als angemessen zu bewerten, so Echternach.
Die Forscher betonten, dass sich die Daten nur auf die direkte Ausbreitung durch den Eigenimpuls beim Spielen beziehen. Für die Sicherheit der Musiker sei es aber wichtig, dass die Aerosole auch permanent aus dem Raum entfernt würden, damit diese sich nicht ansammelten, erklärte Stefan Kniesburges, Strömungsmechaniker in der Phoniatrie und Pädaudiologie der HNO-Klinik am Universitätsklinikum Erlangen (FAU).
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Wie weit sich Aerosole unter realen Bühnen- und Probebedingungen entfernen lassen, ist nach Ansicht der Studienleiter jedoch noch nicht im Detail gut verstanden. „Hinsichtlich der realen Probe- und Auftrittsbedingungen des Musizierens sind weitere Studien notwendig, um zusätzliche Maßnahmen hinsichtlich ihres Potenzials zur Risikoreduzierung und ihrer akustischen Auswirkungen zu untersuchen.“
Auftritte und Proben von Chören und großen Orchestern sind in der Coronapandemie eine große Herausforderung. Auch zum Singen im Chor hatte der BR bereits eine Studie mit ähnlichen Ergebnissen vorgelegt. Auch bei Sängern könnte der Abstand untereinander laut der Studie zur Seite kleiner sein als nach vorne hin.
Diese Studie gebe wichtige Aufschlüsse über sichere Abstände zwischen Musikern auf der Bühne, sagte Nikolaus Pont, Manager des Symphonieorchesters des BR (BRSO). Er hoffe, dass die Erkenntnisse schnell in die Vorgaben von Entscheidungsträgern einfließen. Allein die Reduktion der seitlichen Abstände bei den Bläsern würde es ermöglichen, wieder ein wesentlich größeres Repertoire zur Aufführung zu bringen. © dpa/may/aerzteblatt.de

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