Politik
Regierung: Betreuungsrechtsreform soll Betroffenen dienen
Freitag, 27. November 2020
Berlin – Mit der geplanten Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts will die Bundesregierung künftig die Wünsche und Rechte der Betroffenen stärker in den Mittelpunkt rücken.
Die Parlamentarische Staatssekretärin im Justizministerium, Rita Hagl-Kehl (SPD), sagte gestern bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs aus ihrem Haus, dass die Vorschriften teilweise noch aus dem Jahr 1896 stammten und parternalistisch geprägt seien.
Viele Regelungen seien nicht mehr mehr zeitgemäß, so Hagl-Kehl. Im Vormundschaftsrecht solle es künftig vor allem um das persönliche Wohl des Kindes und seine Rechte gehen, im Betreuungsrecht um die Selbstbestimmung der Betroffenen.
Redner der Opposition begrüßten das Vorhaben, sahen aber noch viel Verbesserungsbedarf. Der Gesetzentwurf wurde an die Ausschüsse überwiesen. Federführend ist der Rechtsausschuss.
Die Vorlage aus dem Bundesjustizministerium (BMJV) soll die Rechtsgebiete umfassend modernisieren und neu strukturieren. Es ist vorgesehen, im Vormundschaftsrecht den betroffenen Minderjährigen mit seinen Rechten als Subjekt ins Zentrum zu stellen und die Personensorge zu stärken. Auch die Rechte der Pflegeeltern sollen gestärkt werden.
Ferner werden die verschiedenen Vormundschaftstypen neu systematisiert. Das Betreuungsrecht soll laut Gesetzentwurf die Selbstbestimmung und Autonomie unterstützungsbedürftiger Menschen stärken – im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention.
Dabei soll klarer geregelt werden, dass die rechtliche Betreuung in erster Linie eine Unterstützung des Betreuten bei der Besorgung seiner Angelegenheiten ist und der Betreuer das Mittel der Stellvertretung nur einsetzen darf, soweit es erforderlich ist.
Ein weiterer Punkt der Reform: Ehegatten sollen künftig einander in Gesundheitsangelegenheiten für die Dauer von drei Monaten gegenseitig vertreten können, wenn sich ein Ehegatte krankheitsbedingt vorübergehend nicht um seine Angelegenheiten kümmern kann. Bislang braucht es auch dafür eine Vollmacht oder eine gerichtliche Bestellung.
Die AfD begrüßte die Reformbestrebungen. Allerdings sei die Frage, ob die Fassung dem Ziel gerecht werde. Das gelte besonders für den Aufwand und die Kosten. Paul Lehrieder (CSU) betonte die Bedeutung und den Umfang des Vorhabens. Im Vorfeld habe es einen mehrjährigen Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis gegeben.
Katrin Helling-Plahr (FDP) beklagte, dass das geplante automatische Notvertretungsrecht von Ehegatten ihrem Selbstbestimmungsrecht nicht gerecht werde. Sie verlangte eine bewusste Zustimmung.
Die Linke forderte einen niedrigen Betreuungsschlüssel und bessere Bezahlung bei der Betreuung, die Verpflichtung zu barrierefreier Kommunikation sowie ein Verbot von Zwangssterilisierungen.
Corinna Rüffer (Grüne) sprach sich für eine noch umfassendere Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention aus und forderte ein System der unterstützenden Entscheidung. Dazu müsse auch die rechtliche Betreuung sofern irgend möglich vermieden werden. © kna/aerzteblatt.de

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