Politik
Beirat empfiehlt Stiftungsmodell für Unabhängige Patientenberatung
Montag, 30. November 2020
Berlin – Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) muss neu konzipiert werden. Änderungen sind bei Ausschreibung, Trägerschaft und Finanzierung notwendig. Das schreibt der wissenschaftliche Beirat der UPD in einem Eckpunktepapier, das dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt.
Autoren des Papiers sind die Wissenschaftler und Gesundheitsexperten Eva Baumann, Ullrich Bauer, Martin Danner, Raimund Geene, David Klemperer, Isabell Scholl und Jürgen Windeler. Enthalten sind Anmerkungen von Robert Francke.
Die Mitglieder des Beirats schreiben in ihrem fünfseitigen Positionspapier, dass eine unabhängige Patientenberatung mehr denn je gebraucht werde. Nur habe es in den vergangenen Jahren „erhebliche inhaltliche und strukturelle Mängel“ gegeben. Diese seien im Beirat aufgegriffen worden – und durch einen Bericht des Bundesrechnungshofs (BRH) „nachdrücklich bestätigt“ worden.
Für den Beirat muss die UPD zentrale Aspekte erfüllen. Dazu gehört es etwa, Patienten in ihren Handlungskompetenzen und -möglichkeiten zu stärken, damit diese autonom mit der eigenen Gesundheit umgehen und Angebote des Gesundheitswesens nutzen können.
Darüber hinaus sollte die UPD eine Rückkoppelungsinstanz für Probleme von Patienten sein. Die Berater könnten Problemfelder im Gesundheitswesen identifizieren und diese aufgreifen. Auch sollte die UPD mit anderen Beratungsinstanzen wie etwa Krebsberatung oder Selbsthilfe in Ergänzung treten, heißt es in dem Papier.
Stiftungsmodell und Steuermittel
Um die Aufgaben neutral und objektiv leisten zu können, ist nach Ansicht des Beirats eine „Unabhängigkeit von den Kostenträgern und den Leistungserbringern sowie von der Politik“ erforderlich. Allein die Interessen und Bedarfe von Patienten sollten leitend sein für die UPD, heißt es.
Als Lösung schlägt der Beirat vor, statt der bisherigen Ausschreibung ein Stiftungsmodell zu erwägen. Stifter sollten Bund und Länder als Verantwortliche für das Gesundheitssystem sein. Es müsse dabei sichergestellt werden, dass eine operative Tätigkeit der UPD „ungestört von sachfremden Einflüssen“ erfolgen könne.
Eine politische Einflussnahme sei auszuschließen. Struktur, Ziele und Arbeitsweise der Stiftung müssten in der Satzung festgelegt werden. Eine Finanzierung durch Steuermittel sei einer Finanzierung durch Mittel der sozialen Krankenversicherung vorzuziehen, ist dem Papier zu entnehmen.
Ein Stiftungsmodell hatten bereits Grüne und Linke in unterschiedlicher Ausprägung ins Spiel gebracht. Auch der Bundesrechnungshof und Patientenorganisationen, die sich erst am vergangenen Freitag zur UPD positioniert hatten, halten ein Stiftungsmodell für eine geeignete Lösung, um die UPD neu aufzustellen.
Die Union signalisierte Bereitschaft für einen Umbau der Konzeption für die UPD. Dem CDU-Politiker Erwin Rüddel, Vorsitzender des Gesundheitsausschusses des Bundestags, zufolge, sollte der GKV-Spitzenverband künftig nicht mehr finanzieller Träger der UPD sein. Es gehe darum, „den Anschein einer Abhängigkeit zu vermeiden“. Derzeit gebe es aber keine Hinweise auf eine Abhängigkeit in der aktuellen Struktur.
Aus Sicht des UPD-Beirats ist die bisherige Förderung durch die gesetzliche (GKV) sowie durch die private Krankenversicherung (PKV) von Beginn an „problematisch“ gewesen, wie es in dem Eckpunktepapier zur Weiterentwicklung der UPD heißt. Es sei „unrealistisch“, dass GKV und PKV „ihre Eigeninteressen als Kostenträger aus der Tätigkeit als Förderer“ vollständig heraushalten können, schreibt der Beirat.
Für die konkrete künftige Arbeit der UPD setzt der Beirat auf eine Evidenzbasierung. Informationen müssten dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen. Für medizinische und gesundheitliche Informationen bedeute das, dass sie wissenschaftlich bestmöglich begründet sein sollten.
aerzteblatt.de
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Darüber hinaus hält der Beirat es für notwendig, die Schwerpunkte der Beratungen der UPD zu prüfen. Geklärt werden sollte etwa, in welchem Umfang die UPD weiter unspezifische Informations- und Beratungsangebote zur Verfügung stelle. Es gebe inzwischen zahlreiche Anbieter von Gesundheitsinformationen, so dass vermieden werden könne, Doppelstrukturen zu schaffen oder aufrechtzuerhalten.
Des Weiteren sollte zum Beispiel die aus Sicht des Beirats schlechte Erreichbarkeit von Ratsuchenden mit höherem Bedarf ausgeglichen werden. Um zur Verringerung gesundheitlicher Ungleichheiten beizutragen, sollte die bisherige „Komm-Struktur“ durch eine „Geh-Struktur“ (lebensweltorientierte Ansätze) ergänzt werden.
Insbesondere die Kenntnisse von Peers mit unterschiedlichen muttersprachlichen oder anderen sozialen Kompetenzen und ihr niedrigschwelliger Zugang zu den Adressatengruppen sollten verstärkt einbezogen werden.
Dabei sollte geprüft werden, ob neue Strukturen möglich seien, die flexibler und zusätzlich zu regionalen und sozialräumlichen Angeboten dazu in der Lage seien, Adressatengruppen mit hohem Bedarf angemessen beraten und begleiten zu können. „Das würde einen grundlegenden Wandel der bisherigen Beratungsstruktur bedeuten“, so der Beirat.
Er weist auch darauf hin, dass die Datenlage im Bereich der Arbeit mit vulnerablen Gruppen deutliche Lücken aufweist. Diese sollten durch weitere Forschung, Praxis- und Modellprojekte geschlossen werden sollten. © may/aerzteblatt.de

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