Medizin
Takotsubo-Kardiomyopathie: Schilddrüsenfunktion ist häufig gestört
Montag, 7. Dezember 2020
Bochum – Viele der überwiegend weiblichen Patienten mit Takotsubo-Kardiomyopathie haben eine Überfunktion der Schilddrüse, die die Empfindlichkeit des Herzmuskels auf Stresshormone erhöhen könnte, berichten Kardiologen und Endokrinologen im Journal of Internal Medicine (2020; DOI: 10.1111/joim.13189).
Mit der Einführung der Koronarangiografie zur Diagnose und Behandlung des akuten Koronarsyndroms wurde entdeckt, dass einige Patienten mit den typischen Zeichen eines Herzinfarktes gar keine Verengungen oder Verschlüsse der Koronararterien aufweisen.
Ein typisches Krankheitsbild geht mit einer Kontraktion und Verengung des Ausflusstraktes des linken Ventrikels einher, der in der Kontrastmitteldarstellung die Form einer in Japan Takotsubo genannten Tintenfischfalle annimmt.
Die japanischen Erstbeschreiber tauften die Erkrankung deshalb als Takotsubo-Kardiomyopathie. In westlichen Ländern wird sie auch als Stress-Kardiomyopathie oder Gebrochenes-Herz-Syndrom bezeichnet, da ihr häufig ein extremes Stressereignis auch im privaten Bereich vorausgeht.
Ein gemeinsamer Nenner der Erkrankung ist die vermehrte Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin aus der Nebenniere, die jedoch nicht bei allen Patienten zur Takotsubo-Kardiomyopathie führt. Kardiologen und Endokrinologen aus Mannheim und Bochum haben deshalb nach weiteren hormonellen Ursachen gesucht. Bei der Untersuchung von 16 Patienten (darunter 15 Frauen) mit der seltenen Erkrankung fiel auf, dass viele eine Störung der Schilddrüsenfunktion hatten.
4 Patienten litten bereits bei der Aufnahme in die Klinik unter einer subklinischen oder offenen Thyreotoxikose. 2 zusätzliche Fälle manifestierten sich während des Klinikaufenthalts. Das Team um Dr. Assem Aweimer von der Kardiologischen Klinik Bergmannsheil in Bochum spricht von einem endokrinen Typ der Takotsubo-Kardiomyopathie.
Normalerweise führt ein Anstieg der Thyroxin-Konzentration (FT4) zu einem Abfall des Steuerhormons Thyreotropin (TSH) der Hypophyse in dem Bestreben, die Hormonproduktion wieder zu normalisieren. Bei 4 weiteren Patienten war dies nicht der Fall. Beide Werte FT4 und TSH waren erhöht. Dies zeigt eine Erhöhung des Sollwerts („Set Point“) an, was oft ein Zeichen für einen seit längerem bestehenden Stress ist. Die Forscher sprechen von einem Stresstyp der Takotsubo-Kardiomyopathie.
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Beiden Typen ist gemeinsam, dass sie mit einer erhöhten Ausschüttung von Schilddrüsenhormonen einhergehen. Wie das die Takotsubo-Kardiomyopathie begünstigt, ist nicht ganz klar. Es ist jedoch bekannt, dass Schilddrüsenhormone das Herz für Katecholamine sensibilisieren können, indem sie die Expression von Betaadrenozeptoren in Kardiomyozyten stimulieren.
Dies könnte zur Folge haben, dass es bei gleicher Ausschüttung der Stresshormone zu einer gesteigerten positiven inotropen und chronotropen Wirkung auf das Herz kommt, was die Takotsubo-Kardiomyopathie plausibel erklären würde. Falls sich die Ergebnisse in weiteren Studien bestätigen, könnten die Störungen der Schilddrüse für 2/3 aller Takotsubo-Kardiomyopathien zumindest mitverantwortlich sein. © rme/aerzteblatt.de
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