Politik
Zolgensma überschreitet Umsatzschwelle: Bewertung im G-BA ausgesetzt
Donnerstag, 3. Dezember 2020
Berlin – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Bewertung des Gentherapeutikums Zolgensma zur Behandlung von Säuglingen und Kleinkindern mit spinaler Muskelatrophie (SMA) ausgesetzt. Das teilte der G-BA heute mit. Ursprünglich wollte das Gremium im Dezember dieses Jahres die Bewertung abschließen.
Der Hersteller muss sich dem G-BA zufolge mit dem Präparat für seltene Erkrankungen der normalen frühen Nutzenbewertung stellen, weil die Umsatzschwelle von 50 Millionen Euro seit Markteintritt in Deutschland überschritten worden sei. Zolgensma kann in Deutschland seit dem 1. Juli 2020 bei der Behandlung der spinalen Muskelatrophie eingesetzt werden. Die Therapie kostet je Behandlung rund zwei Millionen Euro.
Für Orphan Drugs hat der Gesetzgeber grundsätzlich vorgegeben, dass automatisch ein Zusatznutzen anerkannt werden muss. Wenn ein Arzneimittel die festgesetzte Umsatzschwelle von 50 Millionen Euro überschreitet, ist eine reguläre frühe Nutzenbewertung vorgesehen. Der G-BA muss nun anhand von Vergleichsdaten bewerten, ob und in welchem Ausmaß ein medizinischer Zusatznutzen von Zolgensma vorliegt.
Der Hersteller ist vom G-BA zufolge bereits aufgefordert worden, Nachweise zum Zusatznutzen von Zolgensma gegenüber einer zweckmäßigen Vergleichstherapie vorzulegen. Über das Ergebnis des Bewertungsverfahrens will der G-BA voraussichtlich im November 2021 entscheiden.
„Wir werden jetzt anhand der vorhandenen Studienlage – und nicht nur auf Basis der Zulassungsunterlagen – prüfen, was wir derzeit zum medizinischen Nutzen und Zusatznutzen gegenüber einer zweckmäßigen Vergleichstherapie bereits wissen und wo es noch Lücken gibt“, sagte Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Arzneimittel.
Daten zu Langzeitrisiken und zur Nachhaltigkeit der Therapieeffekte werde es auch in der anstehenden regulären Nutzenbewertung noch nicht geben können. Der Unternehmer müsse aber vergleichende Daten gegenüber den vorhandenen Therapiealternativen darlegen. Dabei gehe es auch um die Frage, ob beispielsweise bestimmte Altersgruppen besonders von einer Therapie mit Zolgensma profitierten.
Hecken betonte, mit der vorläufigen Verschiebung des Beschlusses seien „selbstverständlich keine Einschränkungen für die derzeitige Anwendung von Zolgensma bei erkrankten Kindern verbunden“. „Zolgensma kann im Rahmen seiner Zulassung und unter Einhaltung der qualitätssichernden Standards weiterhin verordnet und eingesetzt werden“, stellte der G-BA-Chef klar. Unbenommen der Verschiebung werde man im Februar die anwendungsbegleitende Datenerhebung beschließen.
Der Hersteller kann den Erstattungsbetrag für Zolgensma bis 30. Juni 2021 weiterhin frei festlegen. Die gesetzliche Regelung gilt für jedes neue Arzneimittel im ersten Jahr nach Markteintritt. Ab dem 13. Monat nach Markteintritt verhandeln Hersteller und GKV-Spitzenverband einen Erstattungsbetrag für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV).
Da das Bewertungsergebnis des G-BA – das die Basis für diese Verhandlungen bildet – voraussichtlich erst im November 2021 vorliegen wird, soll der anschließend vereinbarte Preis rückwirkend zum 1. Juli 2021 gelten. © may/aerzteblatt.de

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