Medizin
Syphilis: Neuer Höchststand von Infektionen erreicht
Dienstag, 29. Dezember 2020
Berlin – Seit eine HIV-Diagnose kein Todesurteil mehr bedeutet, steigt die Zahl der Syphiliserkrankungen insbesondere unter den Männern, die Sex mit Männern (MSM) haben. Im Jahr 2019 wurde laut dem Epidemiologischen Bulletin mit 7.889 Fällen ein neuer Höchststand erreicht, von denen 85 % auf MSM entfallen. Die Auswirkungen der HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) lassen sich noch nicht abschätzen.
Treponema pallidum kann auch durch Blut und intrauterin von der Mutter auf das Kind übertragen werden. Die allermeisten Infektionen erfolgen jedoch sexuell. Die wichtigsten Risikofaktoren sind häufig wechselnde Partner und der Verzicht auf die Benutzung von Kondomen.
Die Sorglosigkeit hat vor allem in der Gruppe der MSM zugenommen, seit HIV-Infektionen nicht mehr zu Aids führen müssen, weil sich die Virusreplikation durch Medikamente blockieren lässt. Dies ist seit Mitte der 1990er Jahre möglich. Seither steigen die Erkrankungszahlen.
Seit Inkrafttreten des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) Anfang 2001 ist die Zahl der gemeldeten Infektionen von 2.000 auf etwa 4.000 gestiegen. Bis 2008 blieben die Meldezahlen konstant, 2009 kam es sogar zu einem leichten Rückgang. Seither steigen die Zahlen kontinuierlich an.
Der Anstieg ist nach den jetzt vom Robert-Koch-Institut (RKI) veröffentlichten Zahlen vor allem auf die Gruppe der MSM zurückzuführen. Unter heterosexuellen Männern, aber auch bei den Sexarbeiterinnen hat es keinen Anstieg gegeben. Die konnatale Syphilis ist in Deutschland, anders als in den USA, wo es kein Screening gibt, selten. Dem RKI wurden im letzten Jahr nur 3 Erkrankungen von Neugeborenen gemeldet.
Die meisten Syphilisinfektionen werden in Deutschland erworben und hier vor allem in den Städten. In Berlin gab es im letzten Jahr einen Anstieg um 22,9 %. Die Inzidenz liegt bei 39,7 auf 100.000 Einwohner. In Friedrichshain-Kreuzberg waren es 92,7, in Marzahn-Hellersdorf dagegen nur 6,7 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner und damit weniger als in einigen Flächenstaaten wie Sachsen, Bayern oder Hessen.
In Sachsen nahm die Zahl der Infektionen in Dresden (plus 89,8 %) und Leipzig (plus 44,4 %) deutlich zu. Weitere Städte mit einem Anstieg waren Bochum (plus 63,7 %), Wiesbaden (plus 43,0 %), Wuppertal (plus 41,1 %), Lübeck (plus 38,6 %), Köln (plus 35,4 %) und Mannheim (plus 26,9 %).
Wie sich die Übernahme der Kosten für die HIV-Präexpositionsprophylaxe durch die Krankenkassen seit September 2019 auf die Zahlen auswirken wird, ist nach Einschätzung des RKIs noch offen. Auf der einen Seite könnten die Zahlen weiter ansteigen, da die PrEP das HIV-Infektionsrisiko beim Verzicht auf Kondome senkt.
Auf der anderen Seite sieht die medizinische Leitlinie zur HIV-PrEP Testungen auf Syphilis im Abstand von drei Monaten vor. Hierdurch könnten Syphilisinfektionen bei PrEP-Anwendern früher diagnostiziert und Infektionsketten unter Umständen effektiver unterbrochen werden. © rme/aerzteblatt.de
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