Medizin
SARS-CoV-2: Impfstoff von Biontech/Pfizer erzielt schon früh Schutzwirkung – FDA hat keine Sicherheitsbedenken
Mittwoch, 9. Dezember 2020
Silver Spring/Maryland – Die US-Arzneimittelbehörde FDA stuft den Impfstoff BNT162b2 von Biontech/Pfizer als effektiv und sicher ein. Die Schutzwirkung setzt nach den Angaben in dem „Briefing Document“, das die FDA im Vorfeld einer Beratertagung veröffentlicht hat, häufig schon nach der 1. Dosis ein. Die Vakzine erzielte auch bei älteren Menschen und Personen mit Risikofaktoren eine robuste Schutzwirkung.
Die Impfung dürfte vor allem für jüngere Personen nicht immer schmerzfrei sein. Ernsthafte Sicherheitsprobleme sind bisher offenbar nicht aufgetreten, auch wenn 4 Personen nach der Impfung eine Fazialisparese erlitten haben.
Die FDA hat für den 10. Dezember zu einer Beratertagung eingeladen. Dort werden Experten um ihr Votum gebeten. Danach könnte es zu einer schnellen Entscheidung kommen. Wie üblich hat die FDA im Vorfeld die Tagungsunterlagen veröffentlicht. Das „Briefing Document“ der FDA enthält die Ergebnisse der Prüfung. Sie bestätigt die bereits bekannten Zahlen, nach denen BNT162b2 eine sehr hohe Schutzwirkung erzielt.
Laut den FDA-Unterlagen sind nur 8 von 18.198 geimpften Personen an COVID-19 erkrankt gegenüber 162 von 18.325 Personen in der Placebogruppe. Dies ergibt eine Schutzwirkung von 95 % mit einem aufgrund der hohen Teilnehmerzahl der Studie engen 95-%-Konfidenzintervall von 90,3 bis 97,6 %. Das ist weitaus mehr als die meisten Experten im Vorfeld erwartet hatten. Die Schutzwirkung liegt weit über den 50 %, die die FDA erfahrungsgemäß für eine Zulassung erwartet.
Die Schutzwirkung war in allen Untergruppen mit über 93 % robust. Dazu gehörten Senioren (über 65 Jahre, bei über 75-jährigen war die Schutzwirkung wegen der geringen Teilnehmerzahl statistisch nicht signifikant), Personen mit Adipositas und solche mit Diabetes, Bluthochdruck, chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bei Krebspatienten war die Schutzwirkung wegen der geringen Teilnehmerzahl nicht signifikant.
Die Schutzwirkung setzte bereits nach 10 Tagen ein, also noch vor der zweiten Impfdosis. Die FDA gibt die Schutzwirkung nach der ersten Dosis mit 52,4 % an. Diese Zahl ist allerdings mit einem weiten 95-%-Konfidenzintervall vom 29,5 bis 68,4 % verbunden. Sie ist außerdem das Ergebnis einer Post-hoc-Analyse, die immer mit Fragezeichen verbunden ist. Ob eine einzige Dosis ausreichen könnte, lässt sich laut FDA nicht klären. Die Behörde dürfte auf jeden Fall 2 Impfdosierungen empfehlen.
Die Frage der zweiten Dosis dürfte allerdings mit Blick auf die Nebenwirkungen früher oder später zu einem Thema werden. Die Impfung ist wie alle intramuskulären Injektionen nicht ganz schmerzfrei, wobei sich die jüngeren Probanden (18 bis 55 Jahre) als empfindlicher erwiesen. Sie gaben nach der ersten Impfung zu 83,1 % Schmerzen an, die sie zu 31 % als mittelschwer einstuften. Personen über 55 Jahre empfanden die Impfung zu 71,1 % als schmerzhaft und zu 15,0 % als mittelschwer schmerzhaft.
Auch die systemischen Reaktionen wie Müdigkeit, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, Schüttelfrost, Gelenkschmerzen und Fieber waren bei den gesunden Studienteilnehmern etwas häufiger. Diese Reaktionen traten zudem nach der 2. Impfung häufiger auf.
Die FDA gibt die Häufigkeit von Nebenwirkungen wie folgt an: Reaktionen an der Injektionsstelle (84,1 %), Müdigkeit (62,9 %), Kopfschmerzen (55,1 %), Muskelschmerzen (38,3 %), Schüttelfrost (31,9 %), Gelenkschmerzen (23,6 %) und Fieber (14,2 %).
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Schwere Nebenwirkungen traten bei bis zu 4,6 % der Teilnehmer auf, sie waren nach der 2. Dosis häufiger und erneut bei den älteren Teilnehmern seltener als bei den jüngeren Teilnehmern.
Schwere Komplikationen sind in der Studie an etwa 44.000 Personen offenbar nicht aufgetreten. Bei 64 Teilnehmern gegenüber 6 Teilnehmern in der Placebogruppe kam es zu einer Lymphadenopathie, die durchschnittlich 10 Tage anhielt.
Insgesamt 4 Teilnehmer entwickelten nach der Impfung eine Fazialisparese (kein Fall in der Placebogruppe). Angesichts von 44.000 Teilnehmern stellt dies noch keine statistisch auffällige Häufung der in der Regel nur vorübergehenden Schwäche der mimischen Muskulatur dar. Die FDA dürfte allerdings nach der Zulassung auf weitere Fallberichte achten. © rme/aerzteblatt.de

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Akzeptanz der Impfstudie

Akzeptanz
Die absolute Schutzwirkung von 95 % (8 statt 162 Erkrankten) ist relativ bedeutungslos bei der hohen Teilnehmerzahl von über 36.000. Aussagekräftig ist die relative Schutzwirkung. Diese liegt bei 0,84 % (162 Erkrankte Placebo / 18.325 Teilnehmer Placebo - 8 Erkrankte geimpft / 18.198 Teilnehmer geimpft).
Das bedeutet: bei jeweils 119 geimpften Personen wird eine COVID-19-Erkrankung verhindert. 4,6 %, also 5 (laut Studie vornehmlich jüngere) Personen, werden dagegen schwere Nebenwirkungen erleiden.
Man setze dies ins Verhältnis zu einer, laut WHO, Sterbewahrscheinlichkeit bei unter 70-jährigen ohne Impfung von 0,05 % ( https://www.who.int/bulletin/online_first/BLT.20.265892.pdf ) und, laut RKI, grippeäquivalenter klinischer Symptomatik ( https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Dez_2020/2020-12-01-de.pdf?__blob=publicationFile , Seite 6 unten).

Ja, aber...
- der hohe Kühl- und Logistik-Aufwand, der die Anwendung des Impfstoffes wohl vorläufig auf die entwickelten Länder einschränkt
- die vier Facialisparasen, die unter Garantie die Akzeptanz in Deutschland beeinflussen werden, ob sie nun statistisch relevant sind oder nicht.

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