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COVID-19-Simulation: Nur harter Lockdown vor Weihnachten kann Sterberate ausbremsen
Freitag, 11. Dezember 2020
Saarbrücken – Forscher der Universität des Saarlandes haben verschiedene Lockdownszenarien simuliert. Sie zeigen darin, dass Deutschland die COVID-19 Infektionslage nur mit echtem Lockdown wieder in den Griff bekommen kann.
Selbst dieser kann laut der Simulationen nicht mehr verhindern, dass die coronabedingten Sterbezahlen bis Jahresende auf 30.000 ansteigen. Um eine Verdopplung der Sterbefälle bis Mitte Januar zu vermeiden, ist es den Forschern ein bundesweiter strenger Lockdown noch vor Weihnachten unvermeidbar.
„Nach einer Phase der scheinbaren Ruhe beobachten wir in den letzten Tagen wieder deutschlandweit einen deutlichen Anstieg der COVID-19-Infektionen. Dies könnte dazu führen, dass die Infektionslage aus dem Ruder läuft“, warnte Thorsten Lehr, Professor für Klinische Pharmazie der Universität des Saarlandes.
Ohne weitere strikte Maßnahmen vor Weihnachten würden sich die Fallzahlen weiter erhöhen und im Januar zu mehreren Tausend zusätzlichen Coronasterbefällen führen. Lehr hat gemeinsam mit seinem Team und Forscherkollegen hat er das mathematische Modell für den COVID-19-Simulator entwickelt, der auf der Basis umfangreicher Daten präzise Vorhersagen für das gesamte Bundesgebiet liefert.
Seine Simulationen zeigen, dass der angestrebte Inzidenzwert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner im Schnitt der letzten sieben Tage bei einem flächendeckenden harten Lockdown nach Weihnachten frühestens gegen Ende Januar erreicht werden könnten. Bis dahin würden sich die aktuellen Todeszahlen von bundesweit rund 20.000 nochmals mehr als verdoppeln.
„Um dies zu verhindern, sollte der strikte Lockdown schon vor Weihnachten verhängt werden und auch die Lockerung über die Feiertage infrage gestellt werden. Nur so können Tausende zusätzliche COVID-19-Sterbefälle vermieden und der 7-Tages-Inzidenzwert deutschlandweit bereits Anfang Januar erreicht werden“, erklärt der Saarbrücker Professor.
Um die Zielmarke von 50 zu erreichen, müssten Bundesländer mit hohen 7-Tages-Inzidenzwerten wie Sachsen, Thüringen oder Sachsen-Anhalt den Lockdown für einen längeren Zeitraum verhängen. In Bundesländern mit relativ niedriger Inzidenz wie Schleswig-Holstein wäre dagegen schon früher mit einer Verbesserung zu rechnen.
„Wir empfehlen zu Beginn bundesweit einheitlich vorzugehen, um einen Lockdowntourismus zu vermeiden und flächendeckend die angespannte Lage baldmöglichst zu entschärfen“, erläutert Lehr. Er weist darauf hin, dass die beschriebenen Szenarien noch optimistisch gerechnet seien, weil sie den Wiederanstieg der Fallzahlen der letzten Tage noch nicht umfassend berücksichtigten und ein harter und konsequent umgesetzter Lockdown angenommen wurde. © hil/sb/aerzteblatt.de

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