Politik
Debatte über Priorisierung von Coronaimpfstoff nimmt Fahrt auf
Dienstag, 15. Dezember 2020
Berlin – In der Debatte um die Priorisierung der Impfungen gegen COVID-19 werden in dieser Woche nicht nur die abschließenden Empfehlungen der Ständigen Impfstoffkommission (STIKO) erwartet, auch soll es zwei Bundestagsdebatten morgen sowie übermorgen geben.
Während morgen eine Debatte auf Antrag von Union und SPD auf der Tagesordnung steht, will übermorgen die FDP-Bundestagsfraktion ihren eigenen Gesetzentwurf zur Priorisierung bei der Impfung gegen COVID-19 debattieren.
Die Empfehlungen der STIKO erwartet das Robert-Koch-Institut (RKI) „heute oder morgen“, wie RKI-Präsident Lothar Wieler heute in Berlin vor Journalisten erklärte. Derzeit würden die Empfehlungen, die vergangene Woche zur Kommentierung an die Fachverbände vorgelegt wurden, überarbeitet. Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Alena Buyx, betonte, dass bei der Bewertung der STIKO auch die ethischen Aspekte von Priorisierungen einzelner Gruppen mitbedacht wurden.
„Und Deutschland ist das einzige Land, in dem die Bewertungen eines Ethikrates dahin mit einbezogen wurden“, so Buyx. Nach ihrer Aussage müssten sich Prioritäten aber nicht gegenseitig ausschließen. Sobald Impfstoff verfügbar sei, könnten auch die unterschiedlichen Prioritätsgruppen gleichzeitig geimpft werden. „Es muss nicht gewartet werden, bis die eine Gruppe komplett durchgeimpft ist."
Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates schloss aber Sonderrechte für geimpfte Menschen aus. „Das ist aus ethischer Perspektive nicht sinnvoll.“ Es müssten auch nach einer Impfung die AHA-Regeln eingehalten werden.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) betonte vor Journalisten, dass zuallererst Menschen geschützt werden sollten, „die sich nicht selbst schützen können“ – etwa mit Demenz. Sobald die STIKO-Empfehlung vorläge, würden Länder und Ministerien darüber beraten. Nach den beiden Parlamentsdebatten „werde ich wahrscheinlich am Freitag die Verordnung abschließend unterzeichnen“, sagte Spahn. Er machte deutlich, dass kein erneutes Gesetz dazu vorgesehen sei.
Für ein solches Gesetz plädiert die FDP-Bundestagsfraktion. Es sei wichtig, bei einem solch schwierigen Thema mit einer so hohen Grundrechtsrelevanz eine fundierte rechtliche Grundlage zu schaffen, erklärte der FDP-Abgeordnete Michael Theurer heute in Berlin.
Streit über Reihenfolge
Es gebe bereits Kritik und Streit darum, wer angesichts der zunächst stark begrenzten Anzahl an Impfdosen zuerst geimpft werde. Umso wichtiger sei es, bei der Priorisierung nicht auf eine Verordnung zu setzen, sondern das Parlament einzubinden. Damit könnten auch das Vertrauen und die Akzeptanz der Bevölkerung für die Impfung gestärkt werden.
Der Gesetzentwurf orientiere sich an den seit vergangener Woche vorliegenden STIKO-Empfehlungen, fügte die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, hinzu. Es gehe vorrangig darum, Personen zu schützen, die ein besonders hohes Risiko für schwere oder tödliche Verläufe hätten. Die größte Schwierigkeit sei vermutlich, innerhalb der ersten Gruppe „eine Priorisierung der Priorisierung vorzunehmen“, so Aschenberg-Dugnus weiter.
Der FDP-Gesetzentwurf hält darüber hinaus fest, dass sich strafbar mache, wer gegen Bezahlung eine Person impfe oder ihr Impfstoff beschaffe, bevor sie laut Priorisierungsliste dazu berechtigt sei. Ihm drohe eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe. Die STIKO hatte in ihren noch vorläufigen Empfehlungen, die laufend aktualisiert werden, die ersten in Deutschland verfügbaren Impfdosen vor allem Hochbetagte und deren direkte pflegerische Kontakte priorisiert.
Konkret sollen zuerst Personen über 80 Jahre, Bewohner von Senioren- und Altenpflegeheimen, Personal mit besonders hohem Risiko in medizinischen Einrichtungen, Personal in medizinischen Einrichtungen mit engem Kontakt zu verletzlichen Gruppen, Pflegepersonal in der ambulanten und stationären Altenpflege sowie andere Tätige in Senioren- und Altenpflegeheimen mit Kontakt zu den Bewohnern geimpft werden.
Danach folgen, in fünf weitere Gruppen unterteilt, Personen mit Vorerkrankungen, weiteres medizinisches und pflegerisches Personal, Menschen in prekären Lebenslagen oder bestimmte Berufsgruppen sowie in der sechsten und letzten Gruppe alle übrigen Personen unter 60 Jahren.
Das weitere Vorgehen ist, dass die Bundesregierung auf Basis der STIKO-Empfehlungen eine Verordnung veröffentlicht. Für die Umsetzung der Empfehlung sind die Bundesländer verantwortlich. © bee/kna/dpa/aerzteblatt.de

Stimmt nicht so ganz: Darunter waren auch Teilnehmer im Alter von über 70 Jahren.
https://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=1041&typ=1&nid=118531&s=biontech&s=lancet

Nachrichten zum Thema



Leserkommentare
Um Artikel, Nachrichten oder Blogs kommentieren zu können, müssen Sie registriert sein. Sind sie bereits für den Newsletter oder den Stellenmarkt registriert, können Sie sich hier direkt anmelden.