Politik
G-BA erweitert Früherkennungsuntersuchung bei Neugeborenen auf spinale Muskelatrophie
Donnerstag, 17. Dezember 2020
Berlin – Das Screening auf spinale Muskelatrophie (SMA) wird Bestandteil der Früherkennungsuntersuchungen bei Neugeborenen. Einen entsprechenden Beschluss fasste heute der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA).
„Für die spinale Muskelatrophie existiert ein sehr sicheres Nachweisverfahren“, betonte Monika Lelgemann, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzende des Unterausschusses Methodenbewertung. Würden Kinder mit spinaler Muskelatrophie früh behandelt, könnten sie nachweislich motorische Fähigkeiten wie Sitzen, Krabbeln, Stehen oder Gehen besser entwickeln.
Für die schwerste Form der SMA stünden seit kurzem mit dem Arzneimittel Spinraza und der Gentherapie Zolgensma neue Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung – mit der Einschränkung, dass hier noch keine Langzeitstudien vorlägen. Der G-BA habe die Anwendung von Zolgensma deshalb an hohe Qualitätsstandards geknüpft.
Zudem werde man vom Hersteller eine anwendungsbegleitende Datenerhebung fordern, um so weitere Erkenntnisse über den langfristigen Nutzen der Behandlung zu gewinnen.
Jährlich 80 bis 120 Neugeborene mit spinaler Muskelatrophie
Die spinale Muskelatrophie ist eine seltene, genetisch bedingte neuromuskuläre Erkrankung mit einem fortschreitenden Absterben von motorischen Nervenzellen im Rückenmark. Sie geht einher mit Muskelschwäche und Skelettverformungen und führt in der schwersten Form unbehandelt zum Tod. Jährlich werden in Deutschland etwa 80 bis 120 Kinder mit dieser genetisch bedingten Krankheit geboren, davon mindestens die Hälfte mit SMA Typ 1, der schwersten Form der SMA.
Das erweiterte Neugeborenenscreening ist eine Blutuntersuchung, bei der Neugeborenen einige Tropfen Blut aus der Ferse entnommen werden. Sie soll möglichst zwischen der 36. und 72. Lebensstunde stattfinden. Ein auffälliger Befund wird dann durch ein weiteres Diagnoseverfahren überprüft. In Abhängigkeit dieses Befundes wird über das therapeutische Vorgehen gemeinsam mit den Eltern fachärztlich entschieden.
Der Beschluss, der die Kinder-Richtlinie ergänzt, tritt nach Nichtbeanstandung durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Bei G-BA-Beschlüssen, die eine genetische Reihenuntersuchung regeln, ist die Sicht der Gendiagnostik-Kommission (GEKO) einzubeziehen (§ 16 Abs. 2 Gendiagnostik-Gesetz). Diese wird dem G-BA im Nachgang zur Beschlussfassung übermittelt.
Um den Diagnostiklaboren genügend Zeit für die Implementierung einzuräumen, sind die beschlossenen Änderungen erst nach Ablauf von sechs Monaten ab ihrem Inkrafttreten anzuwenden. Innerhalb dieses Zeitraums müssen auch die Vertretungen von Ärzteschaft und Krankenkassen im Bewertungsausschuss über eine Abrechnungsziffer entscheiden.
Der G-BA rechnet damit, dass die genannten Schritte im dritten Quartal 2021 abgeschlossen sind und dann das ergänzte Screening angeboten werden kann. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt die Kinder-Richtlinie in ihrer vor dem Inkrafttreten dieses Beschlusses geltenden Fassung. © aha/EB/aerzteblatt.de

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