Medizin
SARS-CoV-2: Langsamere Bohrer vermindern Aerosolbildung in der Zahnmedizin
Freitag, 18. Dezember 2020
London – Die Verwendung von Bohrern mit sogenannten Torquemotoren, die aufgrund höherer Drehmomente kleinere Drehzahlen ermöglichen, könnten laut einer experimentellen Studie im Journal of Dental Research (2020; DOI: 10.1177/0022034520979644) die Freisetzung von Aerosolen bei zahnärztlichen Behandlungen vermindern. Eine weitere Reduktion könnte durch die Verwendung von Wasser statt eines Sprays zur Kühlung erreicht werden.
Zahnmedizinische Behandlungen gehören zu den aerosolerzeugenden Maßnahmen, die prinzipiell das Risiko auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 erhöhen. Das Personal in der Zahnarztpraxis kann sich zwar durch Visier und Maske vor einer direkten Exposition schützen. Die Aerosole, die bei der Bohrtätigkeit entstehen, sind jedoch noch einige Zeit in der Luft vorhanden. Die britischen Zahnärzte sind deshalb gehalten, vor der Behandlung des nächsten Patienten den Raum für einige Zeit ungenutzt zu lassen („fallow time“).
Ein Team um Owen Addison vom King's College London hat jetzt in einer Studie untersucht, wie die Generierung von Aerosolen vermindert werden könnte. Dazu wurde die Aerosolbildung verschiedener Bohrer unter der Verwendung unterschiedlicher Kühlmittel untersucht.
Viele Zahnärzte verwenden sogenannte Turbinen, bei denen der Bohrer nicht von einem Motor, sondern durch Druckluft angetrieben wird. Dies ermöglicht sehr hohe Drehzahlen von bis zu 450.000/min. Diese sind allerdings auch erforderlich, da Turbinenbohrer über ein geringes Drehmoment verfügen.
Die hohe Drehzahl führt allerdings dazu, dass das Kühlmittel, das die Zahnoberfläche vor einer Beschädigung durch zu starke Erwärmung schützen soll, bei der Bohrtätigkeit stärker versprüht wird – laut Addison mit einer Geschwindigkeit von 12 m/s.
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Zum Vergleich: Beim Niesen werden Aerosole mit 10 bis 30 m/s ausgestoßen. Beides kann einen Raum vorübergehend kontaminieren. Bis sich die Aerosole auf Oberflächen niedergeschlagen haben, kann eine längere Zeit vergehen, in der kein anderer Patient behandelt werden sollte.
Bohrer, die mit Torquemotoren angetrieben werden, können mit deutlich geringeren Drehzahlen benutzt werden. In den Experimenten wurde die Drehzahl auf bis zu 20.000/min gesenkt, was in den Versuchen eine deutlich verminderte Freisetzung von Aerosolen zur Folge hatte.
Torquemotoren sind aufgrund ihrer niedrigeren Drehzahl auch nicht auf die Verwendung eines Kühlsprays angewiesen, einer Mischung aus Luft und Wasser, die die Wärme effizienter ableitet als ein reiner Wasserstrahl. Die Kühlsprays führten in den Experimenten zu einer vermehrten Aerosolbildung. Die Kombination von Torquemotoren und einer Wasserkühlung hatte eine 60-mal geringere Bildung von Aerosolen zur Folge. © rme/aerzteblatt.de

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