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Ausland

Anlaufprobleme beim Impfen in vielen Ländern

Montag, 4. Januar 2021

/picture alliance, Jens Krick

Berlin – Nicht nur in Deutschland erntet die Regierung Gegenwind für einen aus Sicht von Kritikern zu langsamen Anlauf der Coronaimpfungen und einen holprigen Start der Impfkampagne. In den Nieder­landen, Frankreich, Italien und der Schweiz gibt es ebenfalls Ärger um die Coronaimpfung.

In den Niederlanden liegt das am späten Impfstart. Obwohl in einem Speziallager im Osten des Landes bereits seit dem vergangenen Freitag rund 175.000 Impfdosen der Hersteller Pfizer und Biontech lagern, wollte das Land erst am 8. Januar die ersten Menschen impfen und am 18. Januar landesweit starten. Damit wären die Niederlande das letztes Land in der Europäischen Union (EU), das eine Impfaktion startet.

Trotz der Kritik wollte die Regierung den Start der Impfkampagne zunächst auch nicht vorziehen. Das sei aus logistischen Gründen nicht möglich, hieß es. Der Fahrplan werde vorerst nicht verändert, sagte ein Sprecher des Gesundheits­ministeriums noch am vergangenen Donnerstag.

Die Verbände der akuten medizinischen Versorgung hatten daraufhin dringend an den Gesundheitsmi­nis­ter appel­liert, bereits ab heute Pflegepersonal der Krankenhäuser und Intensivstationen gegen CO­VID-19 zu im­pfen. Dies könne schnell in den Krankenhäusern geregelt werden. Außerdem reichten die Vorräte an Impfdosen aus.

Nun hat die Regierung der Kritik der Öffentlichkeit und der Opposition doch nachgegeben und angekün­digt, den Impfstart auf übermorgen vorzuziehen. Zwei Tage eher als geplant sollen zunächst Pfleger und Ärzte von Coronapatienten geimpft werden, teilte Gesundheitsminister Hugo de Jonge heute in Den Haag mit. Er muss sich morgen im Parlament wegen der Strategie verantworten.

Krankenhäuser und Notfallmediziner hatten in der vergangenen Woche massiv gefordert, dass ihre Mit­ar­beiter als erste geimpft werden sollten. Wegen des großen Zustroms an COVID-19-Patienten und er­heblichen Personalausfällen können die Kliniken dem Druck kaum noch standhalten.

Der Gesundheitsminister sagte zu, dass zunächst 30.000 Pfleger und Ärzte in den Krankenhäusern ge­impft würden. Unklar ist weiterhin, wann die größten Risikogruppen wie Menschen über 80 Jahre und solche mit Vorerkrankungen an die Reihe kommen.

In Italien fehlen Impfärzte

Eine Woche nach dem symbolischen Auftakt der Coronaimpfungen hat Italien bis gestern Morgen offizi­ell erst etwa 80.000 Dosen an Menschen gespritzt. Nach Behördenangaben verfügt das Mittelmeerland, das bisher rund 75.000 COVID-19-Opfer registrierte, seit Jahresende über knapp 470.000 Dosen des Impfstoffs der Unternehmen Pfizer und Biontech.

Nach dem Auftakt der Immunisierungskampagne von vor einer Woche laufen seit dem 31. Dezember Massenimpfungen. Mehrere Zeitungen berichteten jedoch am Wochenende über Schwierigkeiten zum Start. Wie La Repubblica schrieb, fehlte es um den Jahreswechsel an Impfärzten und Mitarbeitern in Krankenhäusern.

Auffällig ist, dass es große Unterschiede bei den Impfquoten zwischen den Regionen gibt: Die reiche Lombardei im Norden des Landes, in der die Coronapandemie besonders stark zugeschlagen hat, liegt dabei deutlich unter dem Gesamtdurchschnitt. Dort waren rund 80.000 Dosen eingetroffen. Bis gestern Vormittag waren nach der Statistik aber nur rund 2.400 (drei Prozent) davon gespritzt worden.

Massiver Ärger in Frankreich

Auch in Frankreich wächst der Ärger über den extrem langsamen Impfstart. Es handle sich um einen „Staats­skandal“, sagte der Präsident der an Deutschland grenzenden Region Grand Est, Jean Rottner, dem Sen­der France 2. „Alles wird von Paris aus entschieden“, monierte er. Die Regionen würden nicht richtig ein­gebunden. Sich impfen zu lassen, sei komplizierter als der Kauf eines Autos. Die Region Grand Est ist schwer von der COVID-19-Pandemie getroffen.

Die Präsidentin der französischen Behörde für Gesundheitsfragen verteidigte das Vorgehen der Regie­rung. „Unser Hauptziel ist es, die Zahl der Todesfälle zu reduzieren und die Zahl der Krankenhausaufent­halte zu verringern“, sagte sie dem Sender BFM TV. Deshalb würden zuerst die Älteren vor Ort in den Heimen geimpft – man wolle sie nicht in Impfzentren schicken, um dort Schlange zu stehen.

Kritik an der Impfstrategieumsetzung gibt es auch in der Schweiz. Nach den ersten Coronaschutzim­pfun­gen am 23. Dezember wollten die meisten Schweizer Kantone heute mit großen Impfkampagnen begin­nen. Allerdings fehlten vielerorts Impfdosen. Die wenigen angebotenen Impftermine waren innerhalb von Minuten ausgebucht.

Die Behörden seien von der schnellen Zulassung des Biontech-Impfstoffs noch vor Weihnach­ten über­rascht worden, sagte Christoph Berger, Präsident der Kommission für Impffragen, der Zeitung Blick. Die Behörden hätten mit einem Impfstart im Februar oder März 2021 gerechnet.

In Israel läuft hingegen alles wie am Schnürchen. Weniger als zwei Wochen nach dem Beginn einer Impf­kampagne hat das Land im Rekordtempo schon eine Million seiner Bürger gegen das Coronavirus geimpft.

Regierungschef Benjamin Netanjahu und Gesundheitsminister Juli Edelstein würdigten am vergangenen Freitag den millionsten Impfling in der arabischen Ortschaft Umm el Fahm im Norden des Landes. Israel hat damit schon mehr als zehn Prozent seines Bevölkerung geimpft – das Land hat fast 9,3 Millionen Ein­wohner. Netanjahu sagte, sein Ziel sei es, 5,5 Millionen Geimpfte zu erreichen, um die Coronapan­de­mie zu stoppen. © dpa/afp/kna/may/aerzteblatt.de

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