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Medizin

SARS-CoV-2: Was sich hinter den MRT-Läsionen verbirgt

Montag, 4. Januar 2021

/Alexander Limbach, stock.adobe.com

Bethesda/Maryland – Die Hirnschäden, zu denen es bei Patienten mit COVID-19 kommen kann, betreffen offenbar die kleineren Blutgefäße. Dort kommt es sowohl zu punktuellen Blutungen als auch zu lokalen Entzündungsreaktionen, wie die Gegenüberstellung von hochauflösenden Magnetresonanztomografien (MRT) und histologischen Präparaten von Verstorbenen im New England Journal of Medicine (2021: DOI: 10.1056/NEJMc2033369) zeigt.

Obwohl COVID-19 in erster Linie eine Atemwegserkrankung ist, kommt es bei vielen Patienten zu neuro­logischen Symptomen. Das Spektrum möglicher Komplikationen reicht vom Verlust des Geruchssinns über unspezifische Beschwerden wie Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen bis hin zu kognitiven Störun­gen und Schlaganfällen. Die Ursachen sind bisher nicht genau bekannt.

Ein Team um Isaac Solomon vom Brigham and Women’s Hospital in Boston hatte im Juni bei der Unter­su­chung von 13 Gehirnen vor allem hypoxische Schäden gefunden und bei einigen auch genetische Spuren des Virus im Gehirn nachgewiesen. Eine Beteiligung des Bulbus olfactorius, den einige Experten als Eintrittspforte in das Gehirn betrachten, konnten die Forscher damals nicht bestätigen (New England Journal of Medicine 2020; DOI:383: 989-992).

Ein Team um Avindra Nath vom US-National Institute of Neurological Disorders and Stroke in Bethes­da/Maryland hat jetzt die Befunde im MRT mit der anschließenden Histologie (beide postmortal) gegen­übergestellt. Die MRT-Aufnahmen wurden mit einem 11,7-Tesla-Scanner angefertigt, einem besonders leistungsstarken Gerät, das eine mikroskopische Auflösung von 15 µm im Bulbus olfactorius und von 100 µm im Rest des Gehirns ermöglicht.

Die 19 Patienten waren im Zeitraum von wenigen Stunden bis 2 Monaten nach der Infektion an CO­VID-19 gestorben. Viele hatten einen oder mehrere Risikofaktoren, einschließlich Diabetes, Adipositas und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Acht der Patienten waren zu Hause oder in der Öffentlichkeit tot auf­ge­funden worden. Weitere 3 Patienten waren kollabiert und plötzlich gestorben.

Auf den MRT-Bildern waren zahlreiche punktförmige Läsionen erkennbar, die entweder hypointens- oder hyperintens waren. Hyperintense Läsionen erscheinen auf dem MRT als weiße Flecken. Häufig handelt es sich um Entzündungsherde. Die dunklen Hypointensitäten weisen eher auf Blutungen hin.

Die parallelen histologischen Untersuchungen bestätigten dies. In den hellen hyperintensen Läsionen waren die Wände der Blutgefäße verdünnt. Blutproteine ​​wie Fibrinogen waren in das umgebende Gewebe eingedrungen. In den Läsionen konnten die Forscher T-Zellen aus dem Blut und der Mikroglia erkennen, weshalb sie die Läsionen auf eine Immunreaktion zurückführen.

Bei den dunklen hypointensen Läsionen waren die Blutgefäße prall mit Erythrozyten gefüllt. Fibrinogen war in das umgebende Gewebe ausgetreten. Entzündungszellen wurden nicht gesichtet. Die Verände­rungen deuten laut Nath auf eine Gefäßschädigung durch Mikrothromben hin. Die Läsionen waren auch im Bulbus olfactorius vorhanden.

Genetische Spuren des Virus konnten die Forscher im Gegensatz zu der früheren Untersuchungen nicht nachweisen. Sie vermuten deshalb, dass die Läsionen die Folge einer entzündlichen Reaktion des Gehirns sind. Es sei jedoch nicht auszuschließen, dass die Viren nach dem Tod zerfallen und deshalb nicht mehr nachweisbar waren, schreibt Nath.

Nach den Ergebnissen der Studie könnte es bei COVID-19 zu zweierlei Läsionen im Gehirn kommen. Neben Mikrothromben, die kleine Infarkte auslösen, könnten Entzündungsreaktionen das Gehirn schä­digen. Die genaue Pathogenese ist laut Nath unklar. Die Annahme, dass eine Infektion der Endo­thelien für die Läsionen verantwortlich sind, greifen die US-Forscher nicht auf. © rme/aerzteblatt.de

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