Ausland
Weiter Ärger um Impfstart in vielen Ländern
Mittwoch, 6. Januar 2021
Berlin – Der Impfstart gegen das Virus SARS-CoV-2 und die damit verbundene Erkrankung COVID-19 sorgt in der Welt in vielen Ländern weiter für Ärger und Streit. Die Regierungen verteidigen sich gegen die Angriffe und Vorwürfe, sie handelten zu langsam.
In Spanien sorgt der langsame Start der Coronaimpfkampagne derzeit für große Empörung. Es herrsche ein „inakzeptables Chaos“, hieß es gestern etwa in einem Leitartikel der Zeitung El Mundo. Der Gesundheitsminister der linken Zentralregierung, Salvador Illa, müsse dem Parlament in Madrid dringend Rede und Antwort stehen, forderte auf Twitter die Vizesekretärin für Sozialpolitik der oppositionellen Volkspartei (PP), die Ärztin, ehemalige Gesundheitsministerin und Ex-Parlamentspräsidentin Ana Pastor.
„Wir sind immer noch mittendrin in der Pandemie, und er (Illa) ist dafür verantwortlich“, twitterte Pastor. Der Oppositionsführer und PP-Chef Pablo Casado forderte Illa, der von den Sozialisten jüngst zum Spitzenkandidat für die Regionalwahlen vom 14. Februar in Katalonien ernannt wurde, sogar zum sofortigen Rücktritt auf.
Nach Angaben des Gesundheitsministeriums vom Montagabend waren in Spanien nur gut elf Prozent der erhaltenen Impfdosen verabreicht worden – rund 83.000 von insgesamt knapp 720.000 Einheiten. Minister Illa beteuerte, die Impfkampagne verlaufe nach Plan. Man werde bald die angestrebte „Fahrtgeschwindigkeit“ erreichen, versicherte er.
Illa und Ministerpräsident Pedro Sánchez hatten erklärt, man wolle „bis Ende des Sommers“ 70 Prozent der rund 47 Millionen Bürger des Landes geimpft haben. „Bei dem derzeitigem Tempo wird das aber unmöglich sein“, schrieb El Mundo. Kritisiert wird unter anderem, dass an den Wochenend- und Feiertagen überhaupt nicht geimpft werde.
Konservative Regionalpräsidenten wie Isabel Díaz Ayuso (Madrid) und Alberto Nuñez Feijóo (Galicien) berichteten von Lieferverzögerungen und warfen der Zentralregierung des Sozialisten Sánchez eine „ungleiche Verteilung“ der Impfdosen vor. Spanien wurde vom Coronavirus besonders hart getroffen. Seit Ausbruch der Pandemie wurden fast zwei Millionen Infektionen gemeldet. Mehr als 51.000 Menschen starben mit COVID-19.
Italiens Ärzte kritisieren Regierung
In Italien hat die italienische Ärztevereinigung Fnomceo Kritik an der Impfstrategie der Regierung von Ministerpräsident Giuseppe Conte geübt. Landesweit stünden 60.000 Mediziner bereit, die täglich mehr als eine Million Menschen impfen könnten, sagte Verbandschef Filippo Anelli. „Aber noch hat sich niemand bei uns gemeldet.“
Ein Treffen zur gemeinsamen Koordinierung der Impfkampagne sei bislang ebenso wenig anberaumt worden, bemängelte Anelli. Dabei sei es wichtig, die Ärzteschaft rechtzeitig in die Planungen miteinzubeziehen. „Die ganze Welt tut das“, betonte der Experte.
Fnomceo teilte mit, dass in Italien bislang 279 Ärzte an den Folgen einer Coronainfektion gestorben seien. Anelli kritisierte in diesem Zusammenhang einen unzureichenden Schutz für das Gesundheitspersonal. Viele Betroffene müssten das Virus „mit bloßen Händen“ bekämpfen. Das dürfe man nicht länger zulassen.
Australiens Premierminister verteidigt verzögerten Start
Trotz zunehmenden Drucks zum Start seiner Coronaimpfkampagne in Australien will Premierminister Scott Morrison keine „unnötigen Risiken“ eingehen. Morrison, der zu Beginn der Pandemie betont hatte, dass Australien „an der Spitze der Warteschlange“ für jeden Impfstoff stehe, verteidigte nun den verzögerten Impfstart.
Anders als Großbritannien sei Australien nicht gezwungen, Notfallzulassungen für die Vakzine zu erteilen. Das Land müsse angesichts geringer Fallzahlen keine „unnötigen Risiken“ eingehen, sagte er dem Lokalradiosender 3AW.
Während in vielen Ländern bereits die Impfungen begonnen haben, wird die australische Arzneimittelbehörde erst im Februar über eine Impfstoffzulassung entscheiden. Erste Impfungen werden voraussichtlich Ende März erfolgen.
In den ländlichen Gebieten Australiens werden derzeit kaum Ansteckungen mit dem Coronavirus registriert. Das Land kämpft jedoch gegen kleinere Ausbrüche in den Städten Sydney und Melbourne. Derzeit werden landesweit knapp 30 Coronapatienten im Krankenhaus behandelt.
Das Land mit einer Bevölkerung von etwa 25 Millionen Menschen hat vereinbart, knapp 54 Millionen Dosen des Herstellers Astrazeneca zu kaufen, von denen 3,8 Millionen Dosen Anfang des Jahres ausgeliefert werden sollen. Zudem hat Australien eine Vereinbarung über den Kauf von zehn Millionen Dosen mit den Herstellern Pfizer und Biontech getroffen. © dpa/afp/kna/aerzteblatt.de

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