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Ausland

COVID-19: Norwegen ändert Impfanweisungen für ältere, gebrechliche Menschen

Montag, 18. Januar 2021

/picture alliance, Klaus-Dietmar Gabbert

Oslo – Die norwegische Gesundheitsbehörde hat ihre Anweisungen zur Impfung älterer, gebrechlicher Menschen gegen COVID-19 geändert. Bei dieser Bevölkerungsgruppe könnten die üblichen Nebenwir­kun­gen der Impfung zu schweren Verläufen führen, wie die Auswertung von Todesfällen kurz nach der Impfung mit einem mRNA-Impfstoff gezeigt habe.

In Norwegen sind bis dato 23 Menschen kurz nach der ersten COVID-19-Impfdosis verstorben. Dabei han­delte es sich vorwiegend um ältere Menschen mit schweren Grunderkrankungen. Bei diesen Patien­ten sollen Ärzte in Norwegen künftig individuell beurteilen, ob der Nutzen der Impfung die Risiken von Nebenwirkungen überwiegt.

In einer Mitteilung der zuständigen Behörde des skandinavischen Landes heißt es, dass bislang 13 der 23 Verstorbenen untersucht worden seien. Die Ergebnisse deuteten darauf hin, dass übliche Nebenwir­kungen der Impfung zu schwerwiegenden Reaktionen bei den meist schwer kranken, älteren Personen geführt haben könnten.

In Norwegen werden derzeit – ähnlich wie in Deutschland – die Alten und Pflegebedürftigen mit schwe­ren Grunderkrankungen geimpft. Häufige Nebenwirkungen von mRNA-Impfstoffen sind zum Beispiel Fie­ber, Übelkeit und Durchfall. Sie könnten zu dem tödlichen Verlauf bei einigen gebrechlichen Patienten beigetragen haben, heißt es in der Mitteilung.

In die Zulassungsstudien zu Comirnaty von Biontech und Pfizer waren keine Patienten mit instabiler oder akuter Erkrankung eingeschlossen worden – und nur wenige Teilnehmer über 85 Jahren.

Bei einer Im­pfung von Alten und Pflegebedürftigen mit schweren Grunderkrankungen seien aber Todes­fälle kurz nach der Impfung zu erwarten, wird Sigurd Hortemo, leitender Mediziner der Norwegischen Gesund­heits­­behörde, zitiert. Zur Einordnung: In Norwegen sterben jede Woche etwa 400 Menschen in Alten- und Pflegeheimen.

Keine Gefahr für jüngere und fittere Menschen

„Während die bei mRNA-Impfstoffen beobachteten Nebenwirkungen für jüngere, fittere Patienten meist keine Gefahr darstellen, könnten sie bei älteren Menschen Grunderkrankungen verschlimmern“, erklärte Steinar Madsen, medizinischer Direktor der Norwegischen Gesundheitsbehörde, gegenüber dem British Medical Journal (DOI: 10.1136/bmj.n149).

„Wir sind weder alarmiert noch besorgt, da es sich um sehr seltene Vorfälle bei sehr gebrechlichen Pa­tien­ten mit schwerer Grunderkrankung gehandelt hat, so Madsen. Die norwegischen Behörden fordern Ärzte deshalb auf, mit den Impfungen gegen COVID-19 fortzu­fahren.

Bei sehr kranken Personen soll aber eine zusätzliche Bewertung stattfinden, nämlich dann, wenn die Gefahr bestehe, dass Grunderkrankungen durch typische Nebenwirkungen der Impfung verschlim­mert werden könnten. Dazu gehöre unter anderem das Gespräch über Risiken und Nutzen der Impfung mit dem Patienten und dessen Angehörigen, um zu entscheiden, ob die Impfung der beste Weg ist.

Laut einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagten die Impfstoffanbieter Pfizer und Bion­tech in einer gemeinsamen Stellungnahme, sie seien über die gemeldeten Todesfälle in Kenntnis gesetzt worden und arbeiteten mit der norwegischen Gesundheitsbehörde zusammen. Auch die beiden Unter­neh­men wiesen darauf hin, dass in Norwegen derzeit in erster Linie Menschen geimpft würden, die sehr alt und teilweise unheilbar krank seien.

Deutschland: Auch hier sind eher die Grunderkrankungen das Problem

In Deutschland ist das bundeseigene Paul-Ehrlich-Institut (PEI) für die Surveillance der COVID-19-Im­pfun­gen zuständig. Bislang gebe es Meldungen über zehn Fälle, in denen Menschen im zeitlichen Zu­sammenhang – wenige Stunden bis vier Tage – mit der COVID-19-Impfung verstorben seien (Stand: 14. Januar).

Es habe sich um Patienten mit „gravierenden Grunderkrankungen" gehandelt, die sich teilweise sogar be­reits in Palliativbehandlung befunden hätten, sagte Brigitte Keller-Stanislawski, die am PEI die Abtei­lung für Sicherheit von Arzneimitteln und Medizinprodukten leitet.

Das PEI gehe aufgrund aller bislang vorliegenden Informationen davon aus, dass diese Menschen „an ihren Grunderkrankungen im zeitlichem Zusammenhang mit einer Impfung“ verstorben seien. © nec/aerzteblatt.de

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Kommentare

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Avatar #96230
HPBoehm
am Dienstag, 19. Januar 2021, 10:08

Palliativpatienten impfen?

Gibt es eigentlich einen medizinischen Grund moribunde Patienten zu impfen?
Wäre die Impfdosis in der momentanen Mangelsituation nicht woanders sinnvoller verwendet?
Avatar #719494
Reitinger
am Montag, 18. Januar 2021, 18:45

Infektionsschutz

Und immer noch sitzen hier in einigen Supermärkten die Kassiererinnen ohne Mundschutz an der Kasse. Sie sind hinter dem "Spuckschutz" wohl geschützt, die Lebensmittel sind vor Kontamination durch Ärosole nicht geschützt.
Ich konnte es nichtglauben, und machte mich schlau durch einen Anruf bei der Corona Hotline. Der Berater klärte mich auf, dass laut Verordnung die Anwendung einer Schutzmaßnahme ausreichend sei, entwede Spuckschutz oder Maske.
Mein Einwand, dass laut Studienlage die Viren auf Oberflächen 28 Tage überleben würden, z. B. auch auf unverpackten Lebensmitteln, wurde entktäftet mit der Bemerkung, dass wir die Keime auf der Oberfläche ja nicht einatmen würden.
So recht plausibel erscheint mir diese Regelung nicht.
Es würde mich interessieren wie hier tatsächlich ein möglicher Übertragungsweg einzuschätzen ist?
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