Ärzteschaft
Cannabis: Selektivverträge sollen Versorgung von Schmerzpatienten verbessern
Mittwoch, 20. Januar 2021
Berlin – Die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) will die Verordnung von Cannabinoiden zur Behandlung von Schmerzen erleichtern, unter anderem durch den Abschluss von Selektivverträgen mit Krankenkassen. Aktuell stünden einer ausreichenden Versorgung von Schmerzpatienten noch zu hohe bürokratische Hürden entgegen, sagte DGS-Präsident Johannes Horlemann heute bei einer Pressekonferenz.
Seit Inkrafttreten des Gesetzes „Cannabis in der Medizin“ vor vier Jahren gebe es keine Hinweise auf eine missbräuchliche Anwendung. Dennoch werde etwa ein Drittel der Anträge zur Verordnung von Cannabinoiden von den Krankenkassen abgelehnt, so der Schmerzmediziner.
Schätzungen zufolge führt dies dazu, dass circa die Hälfte der Schmerzpatienten, bei denen eine Behandlung mit Cannabis sinnvoll wäre, diese nicht erhalten. Horlemann betonte, dass es sich dabei um Patienten handele bei denen eine schwerwiegende Erkrankung vorliege und bei denen alle Standardtherapien ausgeschöpft seien.
„Diesen Patienten, denen wir sonst kein Angebot mehr machen können, mit Cannabis doch noch ein Angebot machen zu können, ist ein Segen“, so der DGS-Präsident. Doch eben an der Definition einer schwerwiegenden Erkrankung und speziell der Frage, ob wirklich schon alle Standardtherapien ausgeschöpft wurden, scheiden sich oft die Meinungen von behandelnden Ärzten, Patienten und Krankenkassen.
Um diese Situation für Ärzte und Schmerzpatienten zu verbessern, hat die DGS Verhandlungen mit Krankenkassen aufgenommen. Das Ziel ist die Aufhebung des Genehmigungsvorbehaltes einer Erstverordnung durch die Krankenkassen. Die Therapieentscheidung würde damit ausschließlich beim Arzt liegen.
Der Abschluss eines ersten entsprechenden Selektivvertrages sei mit der AOK Rheinland-Hamburg noch im ersten Halbjahr 2021 geplant, berichtete Horlemann. Er sieht vor, dass DGS-Mitglieder, die eine 40-stündige curriculare Qualifizierung durchlaufen haben, ohne einen Antrag stellen zu müssen, Cannabisarzneimittel verordnen dürfen.
Der Selektivvertrag soll Modellcharakter haben, geplant sei, allen Krankenkassen ein entsprechendes Angebot zu unterbreiten, so der DGS-Präsident. Die Pläne für Selektivverträge mit den Krankenkassen sind ein Teil eines Eckpunktepapiers, das die DGS gemeinsam mit Mitgliedern des Bundestages und Krankenkassenvertretern zur Verbesserung der Versorgung mit Cannabinoiden herausgegeben hat.
Es sieht darüber hinaus die Weiterentwicklung der Praxisleitlinie „Cannabis in der Schmerzmedizin“ vor, deren aktualisierte Version Ende des Jahres vorliegen soll. © nec/aerzteblatt.de

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