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Medizin

SARS-CoV-2: Serumtherapie enttäuscht in der RECOVERY-Studie

Montag, 18. Januar 2021

/angellodeco, stock.adobe.com

Oxford – Die Serumtherapie, bei der COVID-19-Patienten die Antikörper von Menschen erhalten, die die Erkrankung bereits überstanden haben, hat sich in der britischen RECOVERY-Studie als unwirksam erwiesen. Das Scheitern lässt sich durch den späten Behandlungsbeginn erklären. Eine Publikation der Ergebnisse steht noch aus.

Die Serumtherapie soll die Zeit überbrücken, bis das eigene Immunsystem des Patienten mit der Produktion von Antikörpern beginnt, die in der Regel eine effektive Abwehr von Viren ermöglichen. Die Behandlung hat deshalb in den ersten Tagen nach der Infektion den größten Nutzen.

Mediziner aus Argentinien, wo die Serumtherapie standardmäßig zur Behandlung eines dort endemischen hämorrha­gischen Fiebers eingesetzt wird, konnten kürzlich zeigen, dass eine Plasmaspende mit einem hohen Antikörpertiter einen schweren Verlauf von COVID-19 in der Mehrzahl der Fälle abwenden kann.

Die jüngst im New England Journal of Medicine (2021; DOI: 10.1056/NEJMoa2031893) vorgestellten Erfahrungen an 3.082 US-Patienten weisen in dieselbe Richtung. Die besten Ergebnisse wurden erzielt, wenn der Symptombeginn nicht länger als 3 Tage zurücklag und die Patienten noch nicht mechanisch beatmet wurden.

Vor diesem Hintergrund musste ein negativer Ausgang der RECOVERY-Studie erwartet werden. Die Studie war zu Beginn der Epidemie konzipiert worden, als es kaum Erfahrungen mit der Serumtherapie gab. Sie schien damals mangels effektiver Alternativen als eine plausible Behandlung.

Der Krankheitsbeginn der Patienten liegt in der RECOVERY-Studie in der Regel schon eine Woche zurück, alle Patienten befinden sich wegen einer schweren Erkrankung in der Klinik, einige werden bereits auf Intensivstation mechanisch beatmet. In dieser Situation kommt eine Serumtherapie vermutlich zu spät.

Bei einer Zwischenauswertung am Wochenende waren von den 10.406 Patienten, die auf eine Serumtherapie oder auf eine Kontrollgruppe randomisiert wurden, 1.873 oder 18 % an COVID-19 gestorben. Die Zahl der Todesfälle war laut einer Stellungnahme der RECOVERY-Gruppe um Martin Landray von der Universität Oxford in beiden Gruppen fast gleich hoch.

Die Risk Ratio betrug 1,04. Bei einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,95 bis 1,14 ist die Wahrschein­lichkeit, dass ein größerer Nutzen (oder Schaden) übersehen wurde, sehr gering. Die Mediziner entschlossen sich deshalb nach der Zwischenauswertung, die Serumtherapie nicht weiter durchzuführen.

Die Rekrutierung für alle anderen Behandlungsarme – Tocilizumab, Aspirin, Colchicin und einem Antikörpercocktail – soll jedoch wie gewohnt fortgesetzt werden. Die RECOVERY-Studie untersucht seit März letzten Jahres verschiedene medikamentöse Therapien.

Die positiven Ergebnisse zu niedrigdosiertem Dexamethason haben dazu geführt, dass Steroide weltweit zum Behandlungsstandard gehören. Die Studie hat außerdem gezeigt, dass eine Behandlung mit Hydroxychloroquin oder Azithromycin wirkungslos ist. © rme/aerzteblatt.de

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