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Experten sehen Missstände als Grund für Coronaausbruch in Bergmann-Klinikum

Mittwoch, 20. Januar 2021

/picture alliance, Sascha Steinach

Potsdam – Der Coronaausbruch im städtischen Potsdamer Klinikum Ernst von Bergmann im Frühjahr geht nach Ansicht von Experten auf Schwächen in Hygiene, Verantwortung und dem Bau zurück. Die Geschäftsführung sei an der Wirtschaftlichkeit gemessen worden, nicht an Versorgungsqualität und Patientensicherheit, heißt es im Abschlussbericht, der gestern vorgestellt wurde.

Die Leiterin der Kom­mission, Brandenburgs Ex-Gesundheitsministerin Anita Tack (Linke), sagte: „Da spie­len sowohl die Hygiene, da spielen sowohl die baulichen Anlagen, es spielen sowohl die Geschäftsfüh­rung und die Nichtwahr­nehmung von bestimmten Verantwortlichkeiten eine Rolle und auch das Kon­troll- und Meldesystem.“

In dem größten Potsdamer Krankenhaus hatten sich im Frühjahr Coronainfektionen bei Patienten und Mitarbeitern gehäuft. Von Ende Januar bis Ende April waren 47 Coronapatienten in der Klinik gestorben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt noch wegen Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung und fahrläs­sigen Tötung.

Als Konsequenz aus dem Ausbruch waren die Geschäftsführer beurlaubt worden, die beiden neuen Chefs Hans-Ulrich Schmidt und Tim Steckel übernahmen die Aufgaben. Sie erarbeiteten unter anderem ein neu­es Hygienekonzept und einen Plan für mehr Sicherheit.

Die Kommission sieht Versäumnisse bei Klinikleitung, Gesellschafter und Aufsicht. Das Risiko einer Kran­ken­hausinfektion sei nicht gesehen worden, heißt es im Bericht. Der Stellenwert und die Ausstattung der Krankenhaushygiene sei in vielen Aspekten unzureichend. Der Aufsichtsrat habe die effektive Kontroll­funktion nicht ausgeschöpft. Im Bericht wird auch kritisiert, dass durch stückweises Anbauen auf dem Gelände der Überblick über das Ganze verloren gehe.

Der Co-Leiter, Direktor des Instituts für Mikrobiologie und Virologe der Medizinischen Hochschule Bran­den­burg, Frank Hufert, kritisierte, die Krankenhaushygiene sei damals von der fachärztlichen Seite der Mikrobiologie mitbedient worden. „Das ist etwas, was nicht funktioniert.“ Geschäftsführer Schmidt sagte, die Hygiene sei gestärkt worden, am 1. April solle eine Hygiene-Chefärztin beginnen.

Die Kommission empfiehlt dem Gesellschafter, Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD), und dem Auf­sichts­rat, den Fokus der Klinik auf exzellente Gesundheitsversorgung und Patientensicherheit zu setzen.

Der Stadt rät sie, Krankenhausverbünde zu prüfen und die Aufsicht durch das Gesundheitsamt zu stär­ken. Die Besetzung des Aufsichtsratschefpostens durch die zuständige Beigeordnete für Gesundheit, Brigitte Meier (SPD), solle kritisch geprüft werden. Die Fachleute schlagen auch einen Klinikneubau oder -teilneubau vor.

Oberbürgermeister Schubert sagte, über gravierende Mängel habe der Aufsichtsrat damals nicht berich­tet. Er wolle an dem Ziel festhalten, ein kommunales Krankenhaus in Potsdam zu erhalten. Ein Neubau solle geprüft werden. Die Potsdamer Neuesten Nachrichten hatten über die Ergebnisse zuvor berichtet. © dpa/aerzteblatt.de

Kommentare

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Avatar #747495
JohnR
am Mittwoch, 20. Januar 2021, 21:23

Den Abmangel durch Unwirtschaftlichkeit sollte der Staat tragen

Tatsächlich könnte man ein Krankenhaus anders betreiben, wenn die Wirtschaftlichkeit sekundär würde.
Wenn man Behandlungen ohne Rücksicht auf Kosten optimieren könnte, hey, das wäre ein Schlaraffenland.
Avatar #105358
Florian.Gerheuser
am Mittwoch, 20. Januar 2021, 18:59

Das ist aber mal wirklich eine überraschende Erkenntnis!

"Die Geschäftsführung sei an der Wirtschaftlichkeit gemessen worden, nicht an Versorgungsqualität und Patientensicherheit." Wer kennt eine Klinik in Deutschland, in der das nicht der Fall wäre?
Was lernen wir alle daraus? Wie verändern wir die Rahmenbedingungen, damit das nicht mehr vorkommen kann?
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