Politik
Notfallsanitäter: Kompetenzausweitung ohne viele Vorgaben
Montag, 25. Januar 2021
Berlin – Notfallsanitäter sollen in lebensbedrohlichen Situationen im Einsatz künftig ohne viele Vorgaben mehr Kompetenzen bekommen. Darauf haben sich Union und SPD im Gesundheitsausschuss des Bundestags verständigt, wie das Deutsche Ärzteblatt heute erfuhr. Am Mittwoch soll der Antrag, der dem MTA-Reformgesetz angehängt ist, im Ausschuss beraten und beschlossen werden.
Vorgesehen ist demnach, dass Notfallsanitäter bis zum Eintreffen eines Notarztes oder bis zum Beginn einer weiteren ärztlichen, auch teleärztlichen, Versorgung „heilkundliche Maßnahmen, einschließlich heilkundlicher Maßnahmen invasiver Art“, eigenverantwortlich durchführen dürfen, wenn sie diese in ihrer Ausbildung erlernt haben und beherrschen und darüber hinaus die Maßnahmen erforderlich sind, um Lebensgefahr oder wesentliche Folgeschäden von Patienten abzuwenden.
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hatte bisher noch in der Novelle geplant, für notfallmedizinische Zustandsbilder und -situationen Muster für standardmäßige Vorgaben zu entwickeln und diese „bis spätestens zum 31. Dezember 2021“ im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Diese Einschränkung ist aus dem Antrag gestrichen.
Mit den Korrekturen werde dem Umstand Rechnung getragen, dass solche Vorgaben im Grundsatz bereits von den ärztlichen Leitern Rettungsdienst im Rahmen des Pyramidenprozesses entwickelt worden seien, heißt es in der Begründung von Union und SPD zum Antrag.
Ihre verstärkte bundesweite und flächendeckende Anwendung würde einen wichtigen Beitrag dafür leisten, dass Notfallsanitäter – gerade auch in besonderen Einsatzsituationen – heilkundliche Maßnahmen rechtssicher im Wege der Delegation und somit ohne Übernahme der Haftungsverantwortung durchführen könnten.
Insgesamt werde auf eine stärkere Konkretisierung von Vorgaben – wie noch im Gesetzentwurf vorgesehen – verzichtet, um zu vermeiden, dass in entsprechenden Einsatzsituationen rechtliche oder tatsächliche Fragen für Notfallsanitäter auftreten könnten, die ihren Einsatz verzögern oder hemmen, schreiben Union und SPD.
Bisher gilt, dass Notfallsanitäter gegen den Heilkundevorbehalt verstoßen, wenn sie ohne ärztliche Anweisung heilkundliche Maßnahmen invasiver Art vornehmen. Im schlimmsten Fall können sie dafür strafrechtlich wegen Körperverletzung belangt werden. Umgekehrt können sie aber zugleich wegen unterlassener Hilfeleistung in Haftung genommen werden, wenn sie nichts unternehmen.
Ein Zustand der Rechtsunsicherheit, der für die CSU-Abgeordnete Emmi Zeulner mit der Neuregelung behoben werden soll. „Ich freue mich wahnsinnig, dass wir diese jahrelange Baustelle endlich abschließen können“, sagte sie dem Deutschen Ärzteblatt. Sie sprach von einem „Meilenstein“ für den Berufsstand der Notfallsanitäter.
Zugleich trat sie Kritikern entgegen, die befürchten, dass die Novelle Tür und Tor öffnet, dass andere Berufe außer Ärzten heilkundliche Maßnahmen ausüben dürfen. Die Regelung sei ausschließlich für Notfallsanitäter gedacht, sagte Zeulner. Für andere Berufe wie etwa Anästhesiepfleger gelte dies ausdrücklich nicht.
aerzteblatt.de
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„Die Rechtssicherheit für Notfallsanitäter kommt“, freute sich heute Verena Holtz vom Paritätischen Gesamtverband auf Twitter. „Ein riesen Dank an @DHeidenblut @BetMueller & #EmmiZeulner“.
Mit dem MTA-Reformgesetz will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zudem die Ausbildung vier medizinischer Assistenzberufe (Laboranalytik, Radiologie, Funktionsdiagnostik und Veterinärmedizin) reformieren und das Schulgeld für die Auszubildenen abschaffen.
Um diese anspruchsvolle Tätigkeiten in der jeweiligen Fachrichtung qualifiziert und kompetent durchführen zu können, bedarf es einer zeitgemäßen, umfassend qualifizierenden Ausbildung auf dem aktuellen technischen Stand, hieß es aus dem Minsiterium.
Die bisherigen Ausbildungen in der technischen Assistenz in der Medizin erfolgen auf der Grundlage des Berufsgesetzes aus dem Jahr 1993 und der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung aus dem Jahr 1994. © may/aerzteblatt.de

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