Politik
Ersatzkassen plädieren für Maßnahmen zur GKV-Beitragssatzstabilisierung
Mittwoch, 27. Januar 2021
Berlin – Für Maßnahmen zur Stabilisierung der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) spricht sich der Verband der Ersatzkassen (vdek) aus. Uwe Klemens, ehrenamtlicher Verbandsvorsitzender des vdek, verwies heute auf den bestehenden Finanzdruck auf die Krankenkassen.
Dieser resultiere aus pandemiebedingten Mehrausgaben, Mindereinnahmen infolge von coronabedingter Kurzarbeit und Rückgang der Beschäftigung sowie Mehrausgaben durch kostenintensive Gesundheitsgesetze.
„Die Vermögen der Kassen werden im Laufe des Jahres weitestgehend aufgebraucht sein. Wenn nichts geschieht, besteht das Risiko, dass sich die Zusatzbeitragssätze für 2022 nahezu verdoppeln – aus heutiger Sicht auf rund 2,5 Prozentpunkte“, so Klemens. Spätestens nach der Bundestagswahl müsse die Politik deshalb die Beitragssätze stabilisieren.
Bereits im Jahr 2020 sei eine Finanzierungslücke von rund 16 Milliarden Euro entstanden, welche man zum Ende des Jahres habe schließen können. Dies sei nur durch einen einmaligen Steuerzuschuss, durch Abbau von Rücklagen in Höhe von acht Milliarden Euro sowie durch eine moderate Erhöhung der kassenindividuellen Zusatzbeitragssätze von 0,2 bis 0,5 Prozentpunkten gelungen.
Unterstützung für die Forderung nach einer Stabilisierung der GKV-Finanzen äußerte Maria Klein-Schmeink, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Gesundheitspolitik der Grünen. Künftig müsse es unter anderem einen höheren Steuerzuschuss geben. Zudem brauche man ein tragfähiges Konzept für die Einbeziehung aller Bürgerinnen und Bürger in die solidarische Finanzierung: Mit den derzeitigen Maßnahmen komme man „gerade mal über das Wahljahr“.
Positiv wertete Klemens, dass sich die Beitragssatzspanne zwischen den Krankenkassen aktuell gegenüber den Vorjahren angenähert habe. Dies sei ein Hinweis darauf, dass die Reform des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleiches (Morbi-RSA) Wirkung zeige und für fairere Wettbewerbsbedingungen sorge.
Seitens der Ersatzkassen erwarte man, dass die neuen Kriterien bei der Finanzzuweisung rund 500 Millionen Euro pro Jahr mehr Geld aus dem Gesundheitsfonds bringen. Weitere Reformelemente, wie ein passgenauerer Ausgleich für Kinderkrankengeld und Auslandsversicherte, sollten noch vor der Bundestagswahl im September verabschiedet werden.
Krankenhausstrukturen weiterentwickeln
Ebenfalls noch vor der Bundestagswahl sollte laut Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek, eine verstärkte Debatte zur Weiterentwicklung der Krankenhausstrukturen erfolgen. Hier bestehe weiterhin „dringender Handlungsbedarf“. Eine umfassende Reform werde zwar vermutlich erst in der kommenden Legislaturperiode erfolgen, schon jetzt gelte es aber, „Ideen“ vorzubereiten.
Der vdek fordert unter anderem einen „Bund-Länder-Pakt für moderne Krankenhausstrukturen“. Die künftige Krankenhausversorgung müsse über die Bundesländer geplant und gestaltet werden. Über eine bundesweite Rahmenplanung sollten die jeweiligen Versorgungsstufen definiert werden. Investitionsfördermittel und medizinisches Fachkräftepersonal sollten dann auf weniger, aber größere Standorte konzentriert werden.
Krankenhäuser auf dem Land sollten dort wo sie nicht ausgelastet sind, zu einer ambulant-stationären Basisversorgung umgewidmet werden und als zentrale Anlaufstelle für die Versicherten erhalten bleiben. Eine Zusammenarbeit mit den Zentren in den Ballungsgebieten unter Nutzung der digitalen Möglichkeiten solle den notwendigen Know-how-Transfer in die ländlichen Regionen sichern.
Zudem sei es erforderlich, die stationäre Vergütung um den „Fehlanreiz der Fallzahlsteigerung“ zu bereinigen. Mengenabhängige Vergütungsabschläge oder eine nach Versorgungsstufen differenzierte Finanzierung der Vorhaltekosten der Krankenhäuser böten Lösungsoptionen im Vergleich zum derzeit geltenden Einheitspreis.
Elsner betonte, man wolle als Ersatzkassenverband die Debatte zur Modernisierung der Krankenhausstrukturen konstruktiv begleiten. Bei dem IGES-Institut habe der vdek ein Gutachten zur „Qualitätsverbesserung durch Leistungskonzentration in der stationären Versorgung“ beauftragt. Die Ergebnisse sollen im April 2021 vorgestellt werden.
Bezüglich der elektronischen Patientenakte (ePA) verwies Elsner auf die Notwendigkeit einer „zügigen Rechtssicherheit“ für digitale Authentisierungsverfahren. Zwei der sechs Ersatzkassen böten neben der Möglichkeit, sich in einer Geschäftsstelle für die ePA zu authentisieren, bereits ein digitales Verfahren für die Versicherten an (TK und HEK). Auch die anderen Ersatzkassen würden solche Verfahren zeitnah bereitstellen.
Es gebe allerdings Signale des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), dass bestimmte digitale Verfahren unter Umständen aus Sicherheitsgründen nicht dauerhaft angewendet werden dürfen. Damit die Krankenkassen nicht viel Geld in digitale Authentisierungsverfahren investieren, die dann gegebenenfalls gekippt werden, brauche man verbindliche Regelungen. © aha/aerzteblatt.de

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