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Medizin

Novavax-Impfstoff: Vor allem die südafrikanische Variante mindert die Schutzwirkung gegen COVID-19

Freitag, 29. Januar 2021

/picture alliance, NurPhoto, STR

Gaithersburg/Maryland – Der proteinbasierte Impfstoffkandidat NVX-CoV2373 des US-amerikanischen Biotech-Unternehmens Novavax hat in einer Phase-3-Studie in Großbritannien eine robuste Schutz­wirkung von etwa 90 % erzielt, leicht abgeschwächt durch die Variante B.1.1.7. In einer Phase-2-Studie in Südafrika fiel die Schutzwirkung wegen der dort verbreiteten Variante B.1.351 auf 50 % ab.

Der Hersteller Novavax aus Gaithersburg, einem Vorort von Washington, gehört zu den Firmen, die in den USA im Rahmen der „Operation Warp Speed“ bei der Impfstoffentwicklung staatlich unterstützt wurden. Novavax hat im Juli einen Zuschuss von 1,6 Milliarden US-Dollar erhalten. Auch die EU ist in Gesprächen mit dem Hersteller und steht nach Angaben aus Kommissionskreisen kurz vor dem Vertragsabschluss über mehrere Millionen Impfdosen für Europa.

NVX-CoV2373 besteht aus dem Spikeprotein von SARS-CoV-2, das in rekombinanten Insektenzellen hergestellt wird. Er gehört damit zu den etablierten Impfstoffen, die bereits gegen eine Reihe anderer Erkrankungen eingesetzt werden. Alle bisher zugelassenen Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 benutzen neuartige Technologien. Sie bestehen anders als NVX-CoV2373 nicht aus dem Protein, das die Immun­reaktion auslösen soll. Mit den Vakzinen von Biontech/Pfizer und Moderna, aber auch von AstraZeneca wird statt dessen ein Gen injiziert, aus dem dann erst in menschlichen Zellen das Protein hergestellt wird.

Es wurde deshalb mit Spannung erwartet, ob NVX-CoV2373 eine gleich gute Schutzwirkung erzielen kann. Dies scheint mit den jetzt vorgestellten Ergebnissen der Phase-3-Studie der Fall zu sein. Die Studie wurde in Großbritannien an mehr als 15.000 Erwachsenen im Alter von 18 bis 84 Jahren, darunter 27 % im Alter über 65 Jahre, durchgeführt. Die Hälfte der Teilnehmer erhielt 2 Dosierungen des Impfstoffes, die andere Hälfte Placebos.

Wie der Hersteller mitteilt, ist es in der Impfstoffgruppe zu 6 durch Abstrich bestätigte Erkrankungen an COVID-19 gekommen gegenüber 56 Fällen in der Placebogruppe. Dies ergibt eine Impfstoffwirksamkeit von 89,3 % mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 75,2 bis 95,4 %. Von den 62 Erkrankungen sind 61 leicht oder mittelschwer verlaufen. Die einzige schwere Erkrankung trat laut Hersteller in der Placebo­gruppe auf.

Dass die Schutzwirkung etwas geringer ausfiel als bei BNT162b2 von Biontech/Pfizer oder mRNA-1273 von Moderna, die die Zahl der Infizierten um 95 % senken, könnte daran gelegen haben, dass sich während der Studie in Großbritannien die Variante B.1.1.7. ausgebreitet hat. Sie wurde bei 32 der 64 an COVID-19 erkrankten Patienten gefunden (24 hatten den Wildtyp, bei 6 war der Typ nicht bestimmt worden). Eine Post-Hoc-Analyse ergab, dass die Wirksamkeit gegen den Wildtyp bei 95,6 % lag. Gegen die Variante B.1.1.7. könnte sie auf 85,6 % gefallen sein. Die Pressemitteilung macht keine Angaben zu den 95-%-Konfidenzintervallen.

Zufälligerweise wurde NVX-CoV2373 in einer weiteren kleineren Phase-2-Studie an über 4.400 Personen in Südafrika getestet. Dort sollte eigentlich untersucht werden, ob die Impfung auch bei den dort häufigen HIV-Infizierten wirksam ist (was der Fall ist). Durch die Ausbreitung der Variante B.1.351 hat sich das Interesse verlagert.

In der Studie kam es zu 44 COVID-19-Erkrankungen. Davon entfielen 29 auf die Placebogruppe und 15 auf die Impfstoffgruppe. Dies ergibt eine Wirksamkeit von nur 49,4 % mit einem aufgrund der geringen Teilnehmerzahl sehr weiten 95-%-Konfidenzintervall von 6,1 bis 72,8 %. Diese geringe Wirksamkeit könnte mit der starken Verbreitung der Variante B.1.351 zusammenhängen. Bisher liegen Genomdaten zu 27 der 44 COVID-19-Patienten vor. Von diesen waren 25 (92,6 %) mit der neuen Variante B.1.351. infiziert.

Wichtig für die Interpretation der Daten könnte sein, dass ungefähr 1/3 der Teilnehmer in Südafrika bei der Impfung bereits seropositiv auf SARS-CoV-2 waren. Diese vorbestehende Infektion erfolgte vermut­lich mit dem Wildtyp von SARS-CoV-2, während die späteren Erkrankungen durch Infektion mit der neuen Variante B.1.351. ausgelöst wurden. Daraus kann zum einen gefolgert werden, dass eine frühere Infektion mit dem Wildtyp nicht vollständig vor einer nachfolgenden Infektion mit der Variante schützt, der Impfstoff von Novavax jedoch weiter wirksam ist. Die Datenbasis für diese Vermutungen ist jedoch noch schwach.

Sicherheitsrelevante Komplikationen sind laut dem Hersteller nicht aufgetreten. Zu den Nebenwir­kungen macht die Pressemitteilung keine genauen Angaben. Ob der Impfstoff die gleiche Verträglichkeit erzielt wie die genbasierten Impfstoffe, bleibt abzuwarten. NVX-CoV2373 enthält zur Verbesserung der Immunreaktion ein Adjuvans. Es handelt sich um eine Eigenentwicklung von Novavax. Adjuvanzien führen erfahrungsgemäß häufig zu einem Anstieg der Nebenwirkungen.

Alle von Novavax übermittelten Daten bezeichnete der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion der Christdemokraten im Europäischen Parlament (EVP), Peter Liese, gestern als vielversprechend. Bereits Mitte Dezember hatte die EU-Kommission verkündet, die Sondierungen mit Novovax abgeschlossen zu haben. „Die Europäische Kommission verhandelt seit Monaten mit der Firma über Lieferungen und steht kurz vor dem Vertragsabschluss, bestätigte Liese. Der Impfstoff könne dann auch in der EU zur Verfügung stehen. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärte heute in einer Pressekonferenz, die Mitgliedstaaten würden derzeit melden, welche Mengen sie von der Novovax-Vakzine bestellen möchten. © rme/alir/aerzteblatt.de

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