Medizin
COVID-19: Mortalität auf Intensivstation sinkt nur langsam – bessere Ergebnisse in Schweden?
Dienstag, 2. Februar 2021
Bristol/Linköping – Die Mortalität von Intensivpatienten mit COVID-19 ist seit Beginn der Pandemie gesunken, der Rückgang hat sich in den letzten Monaten jedoch verlangsamt und er könnte nach den Ergebnissen einer Metaanalyse in Anaesthesia (2021; DOI: 10.1111/anae.15425) inzwischen ein Plateau erreicht haben. Schwedische Mediziner berichten im European Journal of Anaesthesiology (2021; DOI: 10.1097/EJA.0000000000001459) über eine ungewöhnlich niedrige Sterberate.
Als im Frühjahr die ersten Patienten mit COVID-19 behandelt wurden, standen Intensivmediziner vor einer neuen Situation. Nicht nur die steigende Zahl der Erkrankungen stellte vor allem in der Lombardei die Mediziner vor Kapazitätsprobleme. Auch das Krankheitsbild COVID-19 war neu. Dies mag erklären, warum die Mortalität während der ersten Welle höher war als in den Folgemonaten.
Starben bis Ende März noch 59,5 % der Intensivpatienten, so waren es Ende Mai noch 41,6 %, wie ein Team um Tim Cook von der Universität Bristol in einer früheren Metaanalyse in Anaesthesia (2020; DOI: 10.1111/anae.15201) berichtete. Inzwischen ist die Sterberate weiter auf 35,5 % (Stand: Ende September) gefallen. Die Situation hat sich demnach weiter verbessert, der Fortschritt war jedoch geringer und insgesamt bewegt sich die Mortalität auf einem hohen Niveau.
Während des Untersuchungszeitraums der Studie hat sich abgezeichnet, welche Medikamente sinnvoll sind und welche nicht. Anfang Juni wurde gezeigt, dass Steroide (insbesondere Dexamethason) das Überleben der Patienten verbessert, die mit Sauerstoff behandelt oder künstlich beatmet werden müssen.
Andere Medikamente wie Hydroxychloroquin, Azithromycin, Lopinavir/Ritonavir und Remdesivir haben sich insbesondere bei Intensivpatienten jedoch als unwirksam erwiesen. Weitere Veränderungen in der Behandlung, deren Einfluss auf die Mortalität unklar ist, betreffen die Modalitäten der Sauerstofftherapie, die Flüssigkeitssubstitution und den Einsatz von Antikoagulanzien.
Die Sterblichkeitsrate war regional sehr unterschiedlich. Nicht überraschen dürfte, dass in Ländern mit niedrigem Einkommen die Mortalität mit 68,1 % wesentlich höher war als in den reicheren Ländern mit 35,1 %. In Europa (33,4 %) scheint die Situation besser zu sein als in Nordamerika (40,0 %). In der Region Ostasien/Pazifik lag die Sterblichkeit nur bei 30,0 %. Die ungewöhnlich niedrigen Zahlen aus Südasien (16,7 %) und Ozeanien (10,6 %) beruhen nur auf jeweils 1 Studie und sind deshalb vermutlich nicht repräsentativ.
zum Thema
- Abstract der aktuellen Studie in Anaesthesia
- Pressemitteilung der Association of Anaesthetists of Great Britain and Ireland
- Abstract der Studie im European Journal of Anaesthesiology
- Registrierung der Studie
- Pressemitteilung der European Society of Anaesthesiology and Intensive Care
- Metaanalyse in Anaesthesia 2020
aerzteblatt.de
Länderübergreifende Vergleiche sind ohnehin problematisch, da sich die Kriterien für die Aufnahme auf die Intensivstationen deutlich unterscheiden können. Nach der Analyse des nationalen Patientenregisters lag die Sterblichkeit in Schweden in Zeitraum vom 6. März bis 6. Mai 2020 nur bei 26,7 %. Dies ist ein überraschend niedriger Wert, weil die Pandemie die Kliniken auch in Schweden unvorbereitet traf.
Die Zahl der Intensivbetten war mit 5,1 pro 100.000 Einwohner niedriger als in den USA (27/ 100.000). Es gelang dem schwedischen Gesundheitswesen jedoch, innerhalb kurzer Zeit die Anzahl der Betten von rund 500 auf über 1.100 mehr als zu verdoppeln. Laut der European Society of Anaesthesiology and Intensive Care (ESAIC)ist das Land auch auf dem Höhepunkt der ersten Welle nicht an seine Kapazitätsgrenzen gestoßen.
Michelle Chew von der Universitätsklinik in Linköping hat in ihrer Übersicht die Risikofaktoren für einen tödlichen Ausgang ermittelt. Neben dem Alter gehörten auch das männliche Geschlecht (adjustierte Odds Ratio aOR 1,5; 95-%-Konfidenzintervall 1,1 bis 2,2), ein schweres Atemversagen (aOR 3,0; 2,0 bis 4,7) und eine kontinuierliche Nierenersatztherapie (aOR 2,1; 1,5 bis 3,0) dazu. Unter den einzelnen Komorbiditäten waren nur chronische Lungenerkrankungen mit einem erhöhten Sterberisiko verbunden. © rme/aerzteblatt.de

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