Politik
Coronaimpfungen: Ärger um Nichteinhaltung der Priorisierungsvorgaben
Donnerstag, 4. Februar 2021
Stendal – Die Bundesregierung hat aufgrund des knappen Impfstoffs gegen SARS-CoV-2 Regeln für die Priorisierung vorgegeben. Doch es gibt Fälle, in denen ausgeschert wird. Zwei Fälle aus dem Landkreis Stendal und aus dem Emsland sorgen nun für heftige Kritik.
Der Landkreis Stendal hatte auf eigene Faust und gegen die Vorgaben aus dem Impfplan 320 Polizisten bei der Coronaschutzimpfung bevorzugt, wie Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) heute im Landtag auf Anfrage des Linken-Politikers Wulf Gallert bestätigte.
Sie zeigte sich verärgert und kündigte an, den Landkreis für die nicht abgesprochene Aktion zu ermahnen. Polizisten gehören, sofern sie nicht schwer krank oder sehr alt sind, nicht zur ersten, sondern zur zweiten Prioritätsgruppe im Impfplan.
Sie dürfen damit erst geimpft werden, wenn die Hochbetagten, Schwerkranken und das medizinische Personal, das die Gruppe eins bildet, vollständig versorgt ist. Die Impfverordnung und diese darin festgelegte Reihenfolge sei „keine Empfehlung“, betonte Grimm-Benne.
Auch der Landkreis bestätigte den Vorgang. Es habe sich um einen Test für das Szenario gehandelt, dass plötzlich jenseits von Impfzentren und Pflegeheimen viele Menschen geimpft werden müssten, sagte ein Sprecher. So etwas könne man „nicht am Schreibtisch“ planen. Ein Testlauf, in dem nur die Abläufe vor und nach dem Piks, nicht aber die Impfung selbst geprobt werden, wäre nicht realistisch genug gewesen.
Den Impfstoff nahme der Landkreis demnach aus der Reserve, die er eigentlich für die Zweitimpfungen bereits geimpfter Menschen vorhalten müsste. Der solle wieder aufgefüllt werden, sobald die Polizisten im Impfplan an der Reihe sind, sagte der Sprecher. Der Kreis habe für den Probelauf Polizisten ausgewählt, da diese kurzfristig in ausreichender Anzahl zur Verfügung gestanden hätten.
Außerdem habe man sich gedacht, wenn man schon einen solchen Test mache, könnten auch diejenigen davon profitieren, „die uns schützen“, sagte der Sprecher. Zahlreiche Pflegekräfte und weiteres medizinisches Personal, die der Landkreis laut Impfverordnung vorher hätte impfen müssen, warten in Sachsen-Anhalt noch auf ihren Termin.
In der Diskussion um die Coronaimpfstoffverteilung an den Kliniken in Aurich, Norden und Emden in Ostfriesland haben führende Mitglieder des Aufsichtsrats der Trägergesellschaft nun mit Nachdruck Aufklärung gefordert.
„Die Bevölkerung und die Mitarbeiterschaft müssen auf den ordnungsgemäßen Ablauf der Impfungen vertrauen können“, teilten der Aufsichtsratsvorsitzende und Auricher Landrat Olaf Meinen sowie sein Stellvertreter, der Emder Oberbürgermeister Tim Kruithoff (beide parteilos), in einer gemeinsamen Stellungnahme mit.
Durch Medienberichte war zuvor bekannt geworden, dass sich beim Impfstart Anfang Januar Teile der Klinikverwaltung, darunter auch ein Geschäftsführer, impfen ließen, obwohl der Impfstoff eigentlich zunächst für Ärzte und Pflegekräfte vorgesehen ist.
Die Klinik begründete dies damit, dass bei dem kurzfristigen Start der Impfungen noch nicht alle Anmeldungen für die priorisierten Gruppen vorgelegen hätten. Als dann Impfdosen übrig waren, sei auch nicht medizinisches Personal geimpft worden, um Impfstoff nicht zu verschwenden.
Die Geschäftsführung bat in einem Brief bei den Beschäftigten um Entschuldigung für das Vorgehen. Der Landrat und der Oberbürgermeister begrüßten dies. „Es bleiben aber viele offene Fragen“, hieß es. Der Geschäftsführer habe eine Vorbildfunktion.
Dieser sei er „offenkundig nicht gerecht worden“, stellten die Aufsichtsratsvertreter fest. Die beiden Politiker kündigten an, für die Aufklärung im Aufsichtsrat und in der Gesellschafterversammlung, die beide morgen tagen sollen, Vorschläge vorzulegen. Zu dem Klinikverbund gehören die Ubbo-Emmius-Kliniken in Aurich und Norden sowie das Klinikum Emden. © dpa/aerzteblatt.de

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