Politik
Karlsruhe weist Verfassungsbeschwerde von Ehepaar mit Sterbewunsch ab
Freitag, 5. Februar 2021
Karlsruhe – Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat eine Verfassungsbeschwerde für unzulässig erklärt, mit der ein älteres, sterbewilliges Ehepaar ein tödliches Arzneimittel einklagen wollte.
Die Karlsruher Richter verwiesen auf das Grundsatzurteil zur Sterbehilfe aus dem Februar 2020. Dadurch hätten sich die Möglichkeiten der Kläger wesentlich verbessert, „ihren Wunsch nach einem selbstbestimmten Lebensende zu verwirklichen“. Darum müssten sie sich zunächst bemühen (Az. 1 BvR 1837/19).
Der Zweite Senat des BVerfG hatte damals in einem aufsehenerregenden Urteil das einige Jahre zuvor verhängte Verbot der geschäftsmäßigen Suizidhilfe für nichtig erklärt und erstmals ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben anerkannt. Dabei hat „geschäftsmäßig“ nichts mit Geld zu tun, sondern bedeutet „auf Wiederholung angelegt“.
Seitdem machen sich Ärzte und Suizidhelfer, die regelmäßig anderen beim Sterben helfen, nicht mehr strafbar. Die Kläger wollten sich trotzdem die Erlaubnis zum Kauf einer tödlichen Dosis Natriumpentobarbitral erstreiten. Verschreiben lassen könnten sie es sich nicht, argumentierten sie, weil das ärztliche Landesstandesrecht dies nicht erlaube.
Es sei dem Ehepaar aber zuzumuten, ihre Bemühungen wiederaufzunehmen, das Mittel zu erlangen, entschied das Gericht nun. Die Möglichkeit dazu sei wegen des Urteils von 2020 „wesentlich verbessert“. Eine Suche nach Suizidbeihelfern und verschreibungswilligen Ärzten sei nicht aussichtslos.
Das klagende Ehepaar sei „zunächst gehalten, durch aktive Suche nach suizidhilfebereiten Personen im Inland, durch Bemühungen um eine ärztliche Verschreibung des gewünschten Wirkstoffs oder auf anderem geeignetem Weg ihr anerkanntes Recht konkret zu verfolgen“. Nur so lasse sich „ermessen, welche konkreten Gestaltungsmöglichkeiten und tatsächlichen Räume die nunmehr geltende Rechtslage bietet“.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz liest die Entscheidung als Aufforderung an den Bundestag, trotz der Wahl im September keine vorschnellen Festlegungen zu treffen. „Insbesondere wenn es um staatlich organisierte Beratungsangebote geht, sieht man, dass die vorgelegten Konzepte kaum in der Lage sind, die Selbstbestimmung eines Menschen objektiv zu ermitteln“, sagte Vorstand Eugen Brysch.
Derzeit arbeitet die Politik an einer Neuregelung. Die Richter schreiben, dass sie dem auch nicht vorgreifen wollen. © dpa/afp/aerzteblatt.de

Nachrichten zum Thema

Leserkommentare
Um Artikel, Nachrichten oder Blogs kommentieren zu können, müssen Sie registriert sein. Sind sie bereits für den Newsletter oder den Stellenmarkt registriert, können Sie sich hier direkt anmelden.