Medizin
Laborstudie: Biontech-Impfstoff bietet schwächeren, aber ausreichenden Schutz vor Variante B.1.351
Dienstag, 9. Februar 2021
New York – Die Impfung mit dem mRNA-Impfstoff BNT162b2 von Biontech erzielte in aktuellen Laborergebnissen in bioRxiv (2021; DOI: 10.1101/2021.02.05.430003) eine 7-fach stärkere Immunität als eine Infektion mit SARS-CoV-2. Der „Vorsprung“ könnte ausreichen, um die 3-fach schwächere Immunität gegen die neue südafrikanische Variante B.1.351 auszugleichen.
Die im Oktober in Südafrika entdeckte Variante B.1.351 bereitet Virologen derzeit größere Sorgen als die britische Variante B.1.1.7. Beide Varianten haben die Mutation N501Y, die das Andocken am ACE2-Rezeptor erleichtert und deshalb eine stärkere Virusreplikation ermöglicht.
Die Variante B.1.351 hat darüber hinaus in der Nähe von N501Y noch 2 weitere Mutationen: K417N und E484K beeinflussen zwar nicht die Bindung des Virus am ACE2-Rezeptor. Sie verändern aber offenbar die Antigenität: Die Antikörper, die durch eine Infektion oder Impfung erzeugt werden, erkennen diese Stelle des Virus nicht mehr richtig. Damit wird es für das Immunsystem schwieriger, die Viren durch die „Verdeckung“ der Bindungsstellen zu „neutralisieren“.
Die klinischen Auswirkungen haben sich in den letzten Tagen beim Impfstoff von Astrazeneca gezeigt. Die südafrikanische Regierung hat den Einsatz von AZD1222 vorläufig gestoppt, nachdem eine Studie der Universitäten Oxford und Witwatersrand eine verminderte Schutzwirkung gefunden hatte. Ob die beiden Impfstoffe von Biontech und Moderna vor einer Infektion mit B.1.351 schützen, ist derzeit nicht bekannt, da keine klinischen Studienergebnisse vorliegen.
In dieser Situation können Laboruntersuchungen erste Hinweise geben. Die Experimente werden mit Laborviren durchgeführt, die die Forscher mit dem Gen der Virusvarianten (oder auch nur der einzelnen Mutationen) ausstatten. Wenn die Manipulation gelingt, bilden die Laborviren auf ihrer Oberfläche die gleichen S-Proteine wie die Virusvarianten.
Ein Team um Nathaniel Landau vom Langone Vaccine Center der New York University hat untersucht, wie das Plasma von Personen, die eine Infektion mit SARS-CoV-2 überstanden haben oder geimpft sind, auf die Laborviren reagiert. Die Forscher untersuchten dies nicht nur für B.1.1.7 und B.1.351, sondern auch für die amerikanische Variante „COH.20G/677H Columbus Ohio“, die europäische Variante „20A.EU2 Europe“ und den „mink cluster 5“, die bei Nerzen in Dänemark aufgetreten war.
Das Serum der 10 rekonvaleszenten Personen, das Landau zur Verfügung stand, erkannte alle Varianten und neutralisierte sie. Dies ist ein gutes Zeichen. Es könnte bedeuten, dass Personen, die sich bereits mit dem „Wildtyp“ von SARS-CoV-2 infiziert haben, auch vor den neuen Varianten geschützt sind.
Eine noch bessere Nachricht ist, dass der mRNA-Impfstoff BNT162b2 von Biontech eine deutlich stärkere Immunität gegen den Wildtyp hinterlässt als die natürliche Infektion. Die Titer waren in den Experimenten 7 Mal höher. Dieser Vorteil war auch bei der britischen Variante B.1.1.7 nachweisbar. Bei der südafrikanischen Variante B.1.351 war die Wirkung dagegen abgeschwächt. Der Titer war um den Faktor 3 vermindert. Er lag mit 1:500 jedoch noch deutlich über dem Titer von 1:139, der mit dem Serum der rekonvaleszenten Patienten erzielt wurde.
Nach den von Landau vorgestellten Ergebnissen sollte BNT162b2 auch gegen die südafrikanische Variante B.1.351 wirksam sein. Dies gilt allerdings unter den Vorbehalten von Laborstudien. Zu den Einschränkungen gehört, dass die Experimente mit synthetischen Viren durchgeführt wurden, die sich nicht genauso verhalten müssen wie die „echten“ Viren.
Die Verwendung von Plasma erlaubt nur einen begrenzten Einblick in die Immunität. Das Plasma enthält nur die Antikörper, nicht aber die T-Zellen, die ebenfalls an der Abwehr der Viren beteiligt sind. Laborstudien ermöglichen auch keine Aussagen über den klinischen Verlauf einer Erkrankung beim Menschen. Die Reaktion auf die Infektion kann bekanntlich sehr unterschiedlich ausfallen. Abgesehen von diesen Einwänden sind die Ergebnisse der Laborstudien sicherlich positiv zu bewerten. © rme/aerzteblatt.de

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