Medizin
Antibiotikaresistenz: Jeder 4. invasive Enterococcus faecium resistent gegen Vancomycin
Mittwoch, 10. Februar 2021
Berlin – Die Entwicklung der Antibiotikaresistenzsituation in Deutschland über die letzten 5 Jahre zeigt laut aktuellen Daten des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) ein heterogenes Bild: Bei den Enterobacterales ist bei weitgehend stabiler Lage ein signifikanter Anstieg der Carbapenem-Resistenz von Klebsiella (K.) pneumoniae zu beobachten. Dagegen sinkt die Carbapenem-Resistenz bei Pseudomonas (P.) aeruginosa und Acinetobacter spp.
Der seit einigen Jahren zu beobachtende signifikante Anstieg der Vancomycin-Resistenz bei Enterococcus (E.) faecium setzt sich fort und erreicht ein Niveau von über 25 %. Umgekehrt hält der ebenfalls schon lange anhaltende rückläufige Trend bei Methicillin-resistenten Staphylococcus (S.) aureus (MRSA) an.
Die Ergebnisse zu Antibiotikaresistenzen stammen aus dem „European Antimicrobial Resistance Surveillance Network“ (EARS-Net). Das EARS-Net führt Resistenzdaten für ausgewählte invasive Erreger (Blutkultur und Liquor) aus den nationalen Surveillancesystemen der 27 EU-Mitgliedstaaten, UK, Island und Norwegen zusammen, um zeitliche Entwicklungen sowie Unterschiede zwischen Ländern und Regionen Europas darzustellen.
Die Daten für Deutschland stammen aus der Antibiotika-Resistenz-Surveillance (ARS) des Robert-Koch-Instituts (RKI). ARS basiert auf der freiwilligen Teilnahme von mikrobiologischen Laboren, die die Ergebnisse zu Erregeridentifizierung und Resistenztestung aus der mikrobiologischen Routinediagnostik an das RKI übermitteln.
ARS erstreckt sich auf alle klinisch relevanten Erreger aus allen Probenmaterialien, die in der ambulanten und stationären Versorgung abgenommen werden. Daten zur Resistenzsituation und -entwicklung sind in einer interaktiven Datenbank über die ARS-Internetseite abrufbar.
Für das Berichtsjahr 2019 wurden Resistenzdaten von 435 Krankenhäusern aus Deutschland an das ECDC übermittelt. Die Tabelle zeigt die Entwicklung in Deutschland im Zeitraum 2015 bis 2019 bei invasiven Isolaten und ermöglicht die Einordnung der Ergebnisse in den europäischen Kontext durch Vergleich mit dem bevölkerungsgewichteten Mittelwert 2019 aller Teilnehmer.
Ausführliche Ergebnisse können im Surveillance ATLAS of Infectious Diseases des ECDC interaktiv abgefragt werden.
Carbapenem-Resistenz: Zunahme bei K. pneumoniae und Rückgang bei P. aeruginosa und Acinetobacter spp.
Bei den Enterobacterales ist die Resistenzlage über den Zeitraum der letzten 5 Jahre überwiegend stabil mit 2 Ausnahmen: Bei K. pneumoniae nimmt die Resistenz gegenüber Carbapenemen signifikant zu auf jetzt 0,9 %; das ist deutlich geringer als der ebenfalls steigende EU-Mittelwert von 7,9 %, der insbesondere auf Werte von über 20 % in einigen süd- und osteuropäischen Ländern zurückgeht.
Bei Escherichia (E.) coli ist ein signifikanter Rückgang der Resistenz gegenüber Fluorchinolonen zu beobachten. Der Anteil der Isolate, die gegen Fluorchinolone, Cephalosporine der 3. Generation und Aminoglykoside gleichzeitig resistent sind, beträgt für beide Erreger weniger als 5 %. Im europäischen Vergleich liegen die Indikatoren für E. coli leicht unterhalb der europäischen Mittelwerte, für K. pneumoniae sehr deutlich darunter.
Bei P. aeruginosa setzen sich die rückläufigen Trends der Resistenz gegenüber Carbapenemen, Aminoglykosiden und Piperacillin/Tazobactam aus dem Vorjahr fort; insgesamt bewegen sich die Resistenzanteile für alle beobachteten Indikatoren in Deutschland unterhalb der jeweiligen europäischen Mittelwerte, die ebenfalls sinkende Trends aufweisen.
Für Acinetobacter spp. liegen die Anteile von Isolaten mit Resistenz gegenüber Aminoglykosiden, Fluorchinolonen beziehungsweise Carbapenemen jeweils im Bereich von 5 % oder darunter und damit deutlich günstiger als im europäischen Mittel.
Zunahme der Vancomycin-Resistenz bei E. faecium – rückläufiger Trend für MRSA
Bei den gram-positiven Erregern sticht erneut die signifikante Zunahme von Vancomycin-resistenten E. faecium (VRE) hervor: In Deutschland hat sich der VRE-Anteil im beobachteten 5-Jahres-Zeitraum von 10,5 auf jetzt 26,3 % mehr als verdoppelt und liegt nun im roten Bereich; es ist der einzige Indikator oberhalb des europäischen Mittelwerts, der ebenfalls signifikant gestiegen ist.
Dagegen setzte sich der bereits seit mehreren Jahren beschriebene rückläufige Trend für Methicillin-resistente S. aureus (MRSA) sowohl auf europäischer Ebene als auch in Deutschland fort.
Zusammenfassend ist die Resistenzsituation für invasive Isolate in Deutschland über die letzten 5 Jahre von gegenläufigen Entwicklungen geprägt; besondere Aufmerksamkeit verdienen die anhaltende Zunahme bei VRE sowie die Carbapenem-Resistenz bei K. pneumoniae.
Autoren: Ines Noll, Tim Eckmanns, Muna Abu Sin, Abteilung für Infektionsepidemiologie, Nosokomiale Infektionen, Surveillance von Antibiotikaresistenz und -verbrauch, Robert Koch-Institut, Berlin © EB/aerzteblatt.de
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