Politik
Grundschullehrer und Kitapersonal: Bund und Länder einig über schnellere Impfungen
Dienstag, 23. Februar 2021
Berlin – Die Gesundheitsminister der Länder haben sich gestern mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) darauf verständigt, dass Grundschullehrer und Erzieher für Impfungen gegen SARS-CoV-2 vorgezogen werden. Der Deutsche Ethikrat ist skeptisch.
Die Lehrkräfte sowie die Kitabeschäftigten sollen nun in der Impfverordnung in Prioritätsgruppe zwei statt in Gruppe drei eingestuft werden. Sie sollen mit dem Vakzin von Astrazeneca geimpft werden.
Einige Länder beginnen bereits mit der Terminvergabe für die Impfungen. In bayerischen Schulen und Kindergärten sollen sich etwa rund 200.000 Beschäftigte so schnell wie möglich gegen das Coronavirus impfen lassen können, hieß es aus Bayern.
„Die Bundesländer haben sich ohne Gegenstimmen für diese neue Regelung ausgesprochen“, erklärte der bayerische Ressortchef Holetschek gestern Abend. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) habe zugesichert, die Änderung im Schnellverfahren möglichst bis Mitte dieser Woche schon in die Coronaimpfverordnung aufzunehmen.
In Kindertageseinrichtungen, Kindertagespflegestellen sowie in Schulen komme es zu zahlreichen Kontakten von Menschen aus unterschiedlichen Haushalten, hieß es zur Begründung.
Die Vorsitzende des Ethikrats, Alena Buyx, sieht die Änderungen kritisch. Sie betrachte die Entscheidung der Gesundheitsminister von Bund und Ländern mit „sehr gemischten Gefühlen“, sagte Buyx heute im Deutschlandfunk.
Sie könne zwar die politische Motivation nachvollziehen, auch wisse sie, dass Schulen und Kitas ein „essenzieller Bereich der Gesellschaft“ seien. „Ich muss aber auch gestehen: Ich hätte mir gewünscht, dass man eine erhöhte Sicherheit dort erreicht hätte, beispielsweise über Tests.“
Mit der Entscheidung der Gesundheitsminister werde ein Stück weit die Systematik der bisherigen Priorisierungen aufgegeben – nämlich „dass diejenigen, die besonders hohe Risiken haben, schwer zu erkranken oder zu versterben, oder die sich solchen Risiken im Beruf besonders aussetzen, bevorzugt werden“.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) habe in ihren Empfehlungen zur Priorisierung „ganz klar“ befunden, dass es die Datenlage nicht hergebe, Lehr- und Kitakräfte in Gruppe zwei einzuordnen, sagte Buyx. Diese Gruppe sei eigentlich für Bürger mit ganz besonderem Schutzbedarf reserviert.
„Da reden wir tatsächlich ja von Patientinnen und Patienten, die aktiv in der Chemotherapie sind, oder von Menschen, die in Arztpraxen arbeiten“, so Buyx. Das nun auch Lehr- und Kitakräfte dort eingruppiert werden sollen, „macht mir Bauchschmerzen“.
Zudem sei die Verteilung der Vakzine angesichts der knappen Impfmengen derzeit sowieso schon ein Problem. Zwar gebe es keinen „harschen Verteilungskonflikt“, und in der nächsten Zeit rechne man mit viel mehr Impfdosen. Aber klar sei derzeit auch: „Wenn Sie einer Gruppe bevorzugt etwas geben, dann fehlt es eben tatsächlich irgendwo anders“, erklärte die Ethikratsvorsitzende. So werde der Impfprozess im Gesamten verlangsamt.
Der Deutsche Lehrerverband bezeichnete die Entscheidung hingegen als überfällig. Bei der bisherigen Einordnung von Lehrern in die erst dritte Gruppe der Impfkandidaten wäre diese Berufsgruppe erst ab Mai geimpft worden – „viel zu spät für das aktuelle Schuljahr“, sagte Verbandschef Heinz-Peter Meidinger der Bild.
Meidinger merkte dazu an, wünschenswert wäre es allerdings gewesen, wenn die Schulen erst geöffnet worden wären, nachdem ein Großteil der Lehrer bereits geimpft worden wäre. Gestern hatte die Rückkehr weiterer Kinder in die Schulen in zehn Bundesländern begonnen. © afp/dpa/aerzteblatt.de

Ungerecht - Ethische Gründe sprechen dagegen
Das führt dazu, dass die Lehrer etc. faktisch in Impfgruppe 1 sind - auch wenn sie auf dem Papier in die Impfgruppe 2 vorgezogen wurden.
Es führt vor allem zu einer ungerechten Ungleichbehandlung: NIcht nur die noch nicht geimpften Bürger der Impfgruppe 1 rücken nun nach hinten, sondern auch alle Bürger der Impfgruppe 2. Letztere können sich online noch nicht mal anmelden. Die Lehrer hingegen bekommen offenbar Termine ...
Dabei erhöht dies den Schutz der Schüler nicht wesentlich: Denn es werden nicht die Eltern, die Geschwister und die Großeltern der Schüler geimpft, auch nicht die Busfahrer. D. h. im Umfeld der Schüler ist das Risiko weiterhin hoch.
Man hätte doch die Schulen schon längst "corona-sicher" umbauen können: Lüftungsanlagen, UV-C-Lampen, Fenster zum Öffnen, Warmwasser auf den Toiletten, etc.
Man hätte auch den Präsenzunterricht bis zur Impfung der Lehrer (bisher in Impfgruppe 3) aussetzen können oder den gesamten Unterricht solange ausfallen lassen können.
Diese Bevorzugung der Lehrer bei den Impfungen geschieht wohl am ehesten aus wahltaktischen Gründen.
Ob aber diese Rechnung aufgeht?
Ich wollte eigentlich in BW die Grünen wählen. Ich werde dies nun nicht tun. Denn ich bin in Impfgruppe 2 und werde nicht vorgezogen.
Vielleicht würde ich mich umentscheiden, wenn auch ich vorgezogen würde?
Ich warte auf Angebote ...

Irgendenwie muss der Astrazeneca-Impfstoff an den Mann/Frau gebracht werden.

Die erweiterte Priorisierung ist richtig!

Verwundert
Spaß beiseite.
Es ist schon bitter, wenn man im Impfzentrum als Arzt Tumorpatienten vor Beginn der Chemotherapie oder Patienten mit schwerer COPD vertrösten muss, nur weil sie noch nicht 80 Jahre alt sind, nun aber gesunder Lehrer geimpft werden sollen. Wer laut schreit hat Recht, ist das denn richtig?
Ich mag keine Menschen, die sich vordrängeln.
Sicherlich sind es nicht alle Lehrer, die so laut rufen und es sollte auch nicht allgemein auf die Lehrer geschimpft werden. Aber in dem Fall kann ich nicht nachvollziehen, warum eine politische Entscheidung die STIKO so hintergeht. Wieder einmal zeigt sich ein Defizit bei manchen Entscheidungen.

Nachrichten zum Thema




Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.