Ausland
EU-Gipfel: Staatschefs einigen sich auf gemeinsamen Impfnachweis
Freitag, 26. Februar 2021
Brüssel – Auf dem EU-Gipfel haben sich gestern die Staats- und Regierungschefs darauf verständigt, einen EU-weit anerkannten Coronaimpfnachweis einzuführen. Die technischen Vorbereitungen sollen allerdings noch mindestens drei Monate in Anspruch nehmen.
Jeder Nationalstaat soll eigene Nachweise an den Start bringen, die EU wolle dann „ein Gateway schaffen, das die verschiedenen nationalen Lösungen miteinander verbindet“ und Interoperabilität gewährleistet, erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf einer Pressekonferenz nach dem Gipfel.
Im Vorfeld der Konferenz hatten die Staatschefs unter anderem von Österreich, Spanien, Bulgarien und Griechenland einen Coronaimpfnachweis nach dem Vorbild Israels gefordert. Gegen SARS-CoV-2 geimpfte Menschen dürfen dort seit Mitte Februar mit dem „Green Pass“, einem auch digital verfügbaren Zertifikat, das über einen individuellen QR-Code die Impfung bestätigt, wieder Hotels, Fitnessstudios oder Schwimmbäder besuchen.
Jedes Land müsse selbst entscheiden, wie es die Nachweise einsetze, erklärte von der Leyen. Sie sei der Ansicht, „dass wir sie auf EU-Ebene nutzen sollten, um das Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten“. Dreizehn Mitgliedstaaten würden bereits Impfzertifikate als Nachweis für eine COVID-19-Impfung ausstellen, sechs weitere hätten entsprechende Pläne, heißt es aus Kommissionskreisen.
Die Diskussion um Reisefreiheiten durch Impfnachweise hatte nach dem Bekanntwerden einer bisher unveröffentlichten Studie aus Israel wieder Fahrt aufgenommen. Auf einer Pressekonferenz hatten die Autoren berichtet, die Impfung von Biontech und Pfizer verhindere die Virenübertragung auf andere zu fast 90 Prozent.
Kritiker der Reiselockerungen hatten immer wieder darauf verwiesen, dass bislang unklar sei, ob Geimpfte auch nicht mehr infektiös sein. „Die Daten aus der Pressekonferenz sind ermutigend. Wenn es tatsächlich so ist und die Infektiosität so deutlich reduziert wird, macht das natürlich einen Unterschied“, erklärte dazu Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Die Debatte könne aber erst geführt werden, wenn ausreichend viele Menschen geimpft seien.
EU fürchtet Benachteiligung großer Teile der Bevölkerung
Bereits Ende Januar auf dem letzten EU-Gipfel hatten die Staats- und Regierungschefs beschlossen, einen standardisierten Impfnachweis anzustoßen. Rechtlich bindend ist das nicht, denn nur die Europäische Kommission darf auf EU-Ebene Vorschläge für Rechtsakte machen und hält sich bislang zurück.
Auch hier herrscht die Sorge, mit einer konkreten Vorlage für einen Impfnachweis zum jetzigen Zeitpunkt de facto Reiselockerungen zu befürworten und damit zu viele Menschen zu benachteiligen. Es sei nach wie vor unklar, ob Geimpfte die Krankheit übertragen können, so von der Leyen. Diese Sorge werde erst mit steigenden Impfraten abnehmen.
Sie verwies auf ein Papier aus dem Januar, in dem die Kommission sich auf grobe Richtlinien für Impfnachweise geeinigt hatte. Darin heißt es etwa, dass digitale Impfnachweise und der gelbe Impfpass koexistieren dürfen und der Nachweis eines Impfzertifikats keine „unautorisierten diskriminierenden Nebeneffekte“ haben dürfe.
Der Inhalt müsse EU-weit einheitlich sein und etwa Auskunft darüber geben, welcher Impfstoff verwendet wurde. „Dies ist eine eindeutige Kennung, wie ein IBAN-Code“, sagte von der Leyen. Hinzu komme „ein Mindestdatensatz, der für jede Bescheinigung erforderlich ist“. Genauere Angaben, etwa zur Fälschungssicherheit oder dem logistischen Aufwand bei Kontrollen, gibt es bislang nicht.
Einige Länder, darunter Dänemark, haben bereits digitale Lösungen angekündigt. Hier können die Bürger ihre Impfung bereits zentral online abrufen. In Deutschland wird die Coronaimpfung bislang im gelben Papierpass der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eingetragen. Zusätzlich wird eine analoge Impfbestätigung ausgehändigt, die in jedem Bundesland anders gestaltet ist.
Ab dem Sommer soll aber auch den Deutschen ein digitaler Impfnachweis als Ergänzung zu analogen Dokumenten zur Verfügung stehen, wie das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in der vergangenen Woche ankündigte. Aktuell gehe man davon aus, dass dieses Angebot zum Ende des zweiten Quartals 2021 bereitgestellt werden könne. © alir/aerzteblatt.de

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