Politik
Rettungsschirm für Praxen soll extrabudgetäre Leistungen einbeziehen
Dienstag, 2. März 2021
Berlin – Kompensationszahlungen für Fallzahlrückgänge sollen grundsätzlich auch für extrabudgetäre Leistungen möglich sein. Das geht aus einem Änderungsantrag von Union und SPD zum Gesetz zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite hervor. Ziel sei es, eine Benachteiligung von Arztgruppen mit einem hohen Anteil an extrabudgetären Leistungen zu vermeiden.
„Mindert sich die Fallzahl in einem die Fortführung der Arztpraxis gefährdenden Umfang in Folge einer Pandemie, Epidemie, Endemie, Naturkatastrophe oder eines anderen Großschadensereignisses, soll die Kassenärztliche Vereinigung im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen im Verteilungsmaßstab geeignete Regelungen zur Fortführung der vertragsärztlichen Tätigkeit des Leistungserbringers vorsehen“, heißt es konkret in dem Antrag.
Die Regelungen könnten in bestimmten Fällen auch bei einer Minderung von Fallzahlen von Leistungen vorgesehen werde. In der Vergangenheit gebildete und noch nicht aufgelöste Rückstellungen im Rahmen der Honorarverteilung sollen ebenfalls verwendet werden, heißt es weiter.
Eine Voraussetzung für die Zahlung von Kompensationszahlungen ist laut Antrag, dass Vertragsärzte die festgelegten Mindestsprechstunden einhalten. Bei einer Unterschreitung könnten Zahlungen nur vorgenommen werden, wenn Vertragsärzte durch eine Pandemie, Epidemie, Endemie, Naturkatastrophe oder ein anderes Großschadensereignis verursachte „rechtfertigende Gründe für die Unterschreitung“ nachweisen würden.
In der Begründung zum Änderungsantrag schreiben CDU/CSU und SPD, dass man abweichend zum bestehenden Gesetzentwurf aus der „Kann-Regelung“ eine „Soll-Regelung“ gemacht habe. Damit wolle man sicherzustellen, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen die Honorarverteilungsmaßstäbe in den genannten Konstellationen „tatsächlich anpassen“.
Mit dem Ziel, eine Benachteiligung von Arztgruppen mit einem hohen Anteil an extrabudgetären Leis-tungen zu vermeiden, werde zudem klargestellt, dass auch Kompensationszahlungen für Fallzahlrückgänge im Bereich der extrabudgetären Leistungen möglich seien. Dabei sei jedoch davon auszugehen, dass ein erheblicher Anteil extrabudgetärer Leistungen wie ambulante Operationen und Präventionsleistungen zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden könnten.
So habe der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beispielsweise Ausnahmeregelungen für Kinderfrüherkennungsuntersuchungen gefasst, nach denen diese auch durchgeführt und abgerechnet werden können, wenn die vorgegebenen Untersuchungszeiträume und Toleranzzeiten überschritten seien.
Eine Leistungserbringung zu einem späteren Zeitpunkt ist dem Antrag zufolge auch im Bereich des ambulanten Operierens bei planbaren Eingriffen möglich. Zu berücksichtigen sei auch, dass aufgrund von Sonderregelungen für die ambulante Versorgung alternative Möglichkeiten zur ärztlichen und psychotherapeutischen Leistungserbringung und Abrechnung bestünden, wie zum Beispiel Konsultationen per Telefon oder per Videosprechstunde. So dürften während der SARS-CoV-2-Pandemie bis zum 31. März 2021 extrabudgetär vergütete Psychotherapieleistungen per Video durchgeführt werden.
Die Regierungsparteien stellen ebenso klar, dass die in der Vergangenheit in den Kassenärztlichen Vereinigungen gebildeten und noch nicht aufgelösten Rückstellungen, zum Beispiel aus der Differenz zwischen Gesamtvergütung und Honorar, ebenfalls verwendet werden sollen.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hatte zuletzt mehrfach gefordert, in den Coronaschutzschirm für Praxen auch die extrabudgetären Leistungen einzubeziehen. „Die Weiterführung eines umfassenden Schutzschirms für die 102.000 Praxen in Deutschland wird dringend benötigt – aber bitte nicht in einer abgespeckten Variante“, appellierte der KBV-Vorstandsvorsitzender Andreas Gassen an die Politik. Auch der Hartmannbund und andere haben in den vergangenen Tagen gefordert, den Schutzschirm für extrabudgetäre Leistungen gelten zu lassen.
Das „Gesetz zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen“ ist bis zum 31. März 2021 befristet, soll aber verlängert werden. Zu den Regelungen zählt auch der Schutzschirm für Vertragsarztpraxen, der coronabedingte Fallzahlrückgänge in den Praxen auffangen soll.
Nach dem augenblicklichen Entwurf, der derzeit im Gesundheitsausschuss des Bundestags beraten wird und der noch in dieser Woche verabschiedet werde soll, soll dieser bei seiner Verlängerung die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung umfassen, aber keine Präventions- und extrabudgetären Leistungen. © may/aerzteblatt.de

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