Ärzteschaft
Krebspatienten in sozialen Brennpunkten sterben früher
Mittwoch, 3. März 2021
Heidelberg – Die Lebensdauer von Krebspatienten hängt offenbar stark mit ihrer sozioökonomischen Situation zusammen. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und vom Hamburgischen Krebsregister.
Am Beispiel Hamburg haben sie das Krebsüberleben zwischen den verschiedenen Stadtteilen verglichen und teilweise erhebliche Differenzen gefunden: Das Fünf-Jahresüberleben unterschied sich in ihrer Studie um bis zu 15 Prozentpunkte zwischen den sozioökonomisch stärksten und schwächsten Vierteln der Hansestadt. Die Arbeit ist in der Zeitschrift Lancet Regional Health erschienen (DOI: 10.1016/j.lanepe.2021.100063).
Die Studie basiert auf Daten von 73.106 Patienten, die im Hamburgischen Krebsregister erfasst und zwischen 2004 und 2018 an Darm-, Lungen-, Brust- oder Prostatakrebs erkrankt waren. Für diese Patienten haben die Forscher das altersstandardisierte relative Fünf-Jahresüberleben ermittelt.
Um den sozioökonomischen Status der in die Studie eingeschlossenen Stadtteile einzuordnen, haben die Epidemiologen den Hamburger Sozialindex, die Arbeitslosenquote, die Anzahl der Sozialwohnungen und der Sozialhilfeempfänger, die Wohnungsgröße und das Haushaltseinkommen erfasst.
Je höher der sozioökonomische Status des Stadtteils war, desto mehr Patienten überlebten die ersten fünf Jahre nach der Krebsdiagnose. So betrugen die Überlebensunterschiede zwischen den sozioökonomisch stärksten und schwächsten Stadtteilen bei Prostatakrebs 14,7 Prozentpunkte, bei Darmkrebs 10,8 Prozentpunkte, bei Brustkrebs acht und bei Lungenkrebs 2,5 Prozentpunkte.
„Eine der möglichen Erklärungen für diese teilweise erheblichen Differenzen könnte die unterschiedliche Wahrnehmung von Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen sein. Werden solche Untersuchungen nicht in Anspruch genommen, kann dies dazu führen, dass Krebserkrankungen erst in späteren Stadien entdeckt werden, was mit einer schlechteren Prognose verbunden ist“, erläutern die Wissenschaftler. © hil/aerzteblatt.de

@Kalil
Als Hausarzt in einem "sozial schwachen" Quartier meiner Großstadt sehe ich da andere Ursachen:
Zunächst die Lebensweise: Wesentlich höherer regelmäßiger Konsum von Tabak, Alkohol und sonstigen Drogen, häufig Bewegungsmangel und Übergewicht,
Gesundheitsverhalten: geringe Beteiligung an Früherkennungsuntersuchungen, unzuverlässige Einnahme von Arzneimitteln, oft vernachlässigtes Gebiss durch unzureichende Mundhygiene, Desinteresse am Gesundheitszustand, fehlende "Gesundheitsbildung"
Sozialverhalten: Schwierigkeiten, Termine einzuhalten - egal, ob beim Amt, beim Arzt oder Zahnarzt
Ernährung: Oft geringe Kochkenntnisse, salz-, zucker- und fettreiche Convenience-Produkte aus dem unteren Preissegment, viel Junk-Food aus der Frittenbude (vor allem Männer)
Dazu kommen noch die weiteren Risiken durch erhöhte Belasung durch Lärm und Luftschadstoffe infolge ungünstger Wohn- und Arbeitsverhältnisse.
Mit "mehr Geld" lassen sich die meisten der Probleme nicht beheben, würde doch mehr Geld erstmal in mehr Alkohol, Zigaretten und Drogen, einen größeren Flatscreen, Playstation, Netflix-Abo etc investiert...

Das ist nicht alles

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