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Politik

Bundestag verlängert epidemische Lage um weitere drei Monate

Donnerstag, 4. März 2021

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gibt bei der Abstimmung am Rande der 215. Sitzung des Bundestags für eine namentliche Abstimmung die Stimmkarte ab. Thema war unter anderen die epidemische Lage von nationaler Tragweite./ picture alliance, Kay Nietfeld

Berlin – Die wegen der Coronapandemie ausgerufene epidemische Lage von nationaler Tragweite gilt für zusätzliche drei Monate bis Mitte des Jahres weiter. Der Bundestag beschloss heute das Gesetz, mit dem die Notlage über Ende März hinaus bis zum 30. Juni verlängert wird. Die Regelungen stießen bei der Opposition auf heftige Kritik.

Für die Vorlage votierten in namentlicher Abstimmung 368 Abgeordnete, 293 stimmten dagegen. Sollte bis Ende Juni kein neuerlicher Beschluss zur Fortsetzung gefasst werden, läuft die Regelung dann aus. Die Ende März vergangenen Jahres erstmals beschlossene epidemische Notlage ist die Grundlage für die Kontaktbeschränkungen und Schließungen in der Coronapandemie, für die die Länder zuständig sind.

Das Gesetz enthält noch weitere Neuerungen – unter anderem schreibt es fest, dass sich die Beschrän­kungen künftig nicht mehr nur am Inzidenzwert orientieren müssen, sondern auch andere Kennzahlen berücksichtigt werden können, etwa der R-Wert und der Fortschritt bei den Impfungen.

Zusätzlich zum eigentlichen Gesetz stellte der Bundestag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen sowie von Linken und Grünen das Fortbestehen der epidemischen Lage fest. Die AfD stimmte dagegen, die FDP enthielt sich.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verteidigte die Maßnahmen von Bund und Ländern. „Wir sind noch mittendrin, das Virus hat noch nicht aufgegeben“, sagte der Minister im Bundestag. Auch we­gen der sich ausbreitenden Mutationen sei die Lage weiterhin dynamisch. Eine flexible Anpassung der Lage bleibe daher die notwendige Strategie.

„SARS-CoV-2 hält die Welt weiter in Atem“, sagte die SPD-Gesundheitsexpertin Sabine Dittmar. Wenn der Bundestag die Fortgeltung der epidemischen Lage beschließe, bedeute das aber nicht die automatische Verlängerung der Maßnahmen wie Schließungen und Kontaktbeschränkungen. Darüber müssten jeweils die Länder entscheiden.

Scharfe Kritik kam aus der Opposition. Der AfD-Abgeordnete Robin Schlund wandte sich gegen das Gesetz und forderte ein „Raster-Management“ zum Schutz von Risikogruppen bei Beibehaltung des öffentlichen Lebens.

Ein solches Konzept werde in Russland erfolgreich umgesetzt. Die Verlängerung schaffe die Möglichkeit, Verordnungen weiterhin ohne Zustimmung des Bundestages zu erlassen, kritisierte die FDP-Abgeordnete Christine Aschenberg-Dugnus. Dies sei eine Missachtung des Parla­ments.

„Chaos und Planlosigkeit“ warf die Linken-Abgeordnete Susanne Ferschl den Verantwortlichen in Bund und Ländern vor. Die Grünen-Abgeordnete Maria Klein-Schmeink forderte eine Stufenplan, der eine Nachvollziehbarkeit der Maßnahmen schaffe.

Mit dem Gesetz werden auch die Akuthilfen für pflegende Angehörige bis zum 30. Juni verlängert. Be­schäf­tigte können bis zu 20 Arbeitstage Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung bekommen und in einer akut auftretenden Pflegesituation bis zu 20 Tage der Arbeit fernbleiben.

Darüber hinaus werden Pflegezeit und Familienpflegezeit flexibilisiert. Zudem können Eltern einen Ausgleich für den Verdienstausfall durch Schul- und Kitaschließungen auch dann bekommen, wenn die Möglichkeit zum Homeoffice besteht.

Bund und Länder hatten in der Nacht zu heute einen Fünf-Stufen-Plan zu Lockerungen der Coronaauf­lagen beschlossen. Es sieht Öffnungen bestimmter Bereiche in Abhängigkeit vom Infektionsgeschehen auf Landes- oder regionaler Ebene vor.

Kritik an Schutzschirm-Regelung

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) übte scharfe Kritik an den mit dem Gesetz beschlossenen Regelungen zur Verlängerung des finanziellen Schutzschirms für Arztpraxen. „Das ist keine Wertschätzung für den enormen Einsatz der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen und ihrer Praxisteams“, kommentierte Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV.

Die von der Politik getroffenen Regelungen seien „untauglich“, betonte Stephan Hofmeister, stellvertretender KBV-Vorstandsvorsitzender. Der KBV-Vorstand kritisiert, dass Umsatzverluste aus extrabudgetären Leistungen (beispielsweise Vorsorgeleistungen für Kinder und ambulante Operationen) durch die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), also letztlich durch die Ärzte und Psychotherapeuten selbst, ausgeglichen werden sollen.

„Über 90 Prozent der COVID-Patienten werden von den niedergelassenen Hausärzten und Fachärzten behandelt. Es ist bitter, dass die Politik diesen so wichtigen ersten Schutzwall in der Pandemiebekämpfung nicht stärkt, sondern im Gegenteil sogar sehenden Auges schwächt“, so Gassen. © afp/aerzteblatt.de

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