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Medizin

Variante B.1.351: Warum die Astrazeneca-Vakzine in Südafrika nicht mehr vor COVID-19 schützt

Mittwoch, 17. März 2021

/freshidea, stock.adobe.com

Johannesburg/Südafrika – Der Impfstoff AZD1222 von Astrazeneca, der wegen seiner einfachen Lager­fähigkeit und den geringen Kosten für ärmere Länder interessant ist, hat in einer Phase-1/2-Studie in Südafrika jüngere Erwachsene nicht vor einer Erkrankung durch die dort verbreitete Variante B.1.351 geschützt, wie die jetzt im New England Journal of Medicine (2021; DOI: 10.1056/NEJMoa2102214) vorgestellten Ergebnisse einer Phase-1/2-Studie zeigen, die im Februar zum Abbruch der Impfungen geführt hatten. Experimente an Laborviren kommen zu dem Schluss, dass die durch die Impfung erzeugten Antikörper ins Leere greifen, T-Zellen aber noch aktiv sein könnten.

Die südafrikanische Variante B.1.351 bereitet (neben der brasilianischen Linie P.1.) derzeit die größten Sorgen. Sie besitzt nicht nur (wie die britische Variante B.1.1.7) die Mutation N501Y, die die Bindung am ACE2-Rezeptor verstärkt und damit die Infektiosität erhöht. 2 weitere Mutationen in der Rezeptorbin­dungs­stelle, E484K und K417N, scheinen auch den Zugriff der Antikörper zu erschweren, die bei der Impfung erzeugt werden. Dieses „Immunescape“ könnte bei der Variante B.1.351 noch durch 5 weitere Mutationen am N-terminalen Ende des S-Gens verstärkt werden. Denn diese Mutationen verändern die Spitze des Spikeproteins, die ein wichtiger Angriffspunkt für neutralisierende Antikörper sind.

Die Probleme zeigten sich zuerst in einer Phase-1/2-Studie in Südafrika. Dort waren zwischen dem 24. Juni und dem 9. November an 7 Zentren 2.026 HIV-negative jüngere Erwachsene (mittleres Alter 30 Jahre) mit AZD1222 oder Placebo geimpft worden. Darunter waren 1.467 seronegative Personen, also ohne SARS-CoV-2-Infektion in der Vorgeschichte.

Die Studie sollte primär die Immunogenität und Verträglichkeit von AZD1222 prüfen. Shabir Madhi von der Witwatersrand Universität in Johannesburg und Mitarbeitern blieb jedoch nicht verborgen, dass trotz der Generierung von Antikörpern eine Schutzwirkung weitgehend ausblieb.

Von den 750 seronegativen Personen, die mit AZD1222 geimpft wurden, erkrankten 19 (2,5 %) trotzdem an COVID-19. In der Placebogruppe erkrankten 23 von 717 Personen (3,2 %). Dies ergibt eine Impf­schutz­wirkung von nur 21,9 %, die mit einem 95-%-Konfidenzintervall von -49,9 % bis 59,8 %) nicht einmal ansatzweise signifikant war.

Von den 42 Erkrankungen an COVID-19 wurden 39 (92,9 %) von der Variante B.1.351 verursacht. Die Wirksamkeit des Impfstoffs gegen diese Variante betrug nur 10,4 % (-76,8 % bis 54,8 %).

Madhi ist dennoch nicht von der Wirkungslosigkeit überzeugt. Der Experte verweist darauf, dass alle 42 Erkrankungen bei den jungen Erwachsenen, die kaum Komorbiditäten aufwiesen (außer dass 19 % adipös waren), milde ausfielen. Kein Patient musste hospitalisiert oder gar beatmet werden. Die Studie schließe damit nicht aus, dass ältere komorbide Patienten durch AZD1222 vor einer schweren Erkran­kung geschützt werden könnten.

Der Zweckoptimismus dürfte damit zusammenhängen, dass der Impfstoff bei normalen Kühlschranktem­pe­ra­­­­­turen gelagert werden kann und zu geringeren Kosten hergestellt werden kann als die mRNA-Vakzinen von Biontech und Moderna, die bei 2-stelligen Minusgraden aufbewahrt werden müssen.

Laboruntersuchungen ergaben jedoch, dass die durch die Impfung erzeugten Antikörper die Variante B.1.351 nicht erkannten. Dies wurde zum einen an Pseudoviren gezeigt, die mit dem S-Protein von B.1.351 oder seinen wichtigsten Mutationen ausgestattet wurden. Auch in einem Versuch mit „lebenden“ Viren konnten die Seren der geimpften Personen eine Infektion und Zerstörung von Vero E6-Zellen nicht verhindern.

Die Hoffnungen ruhen nun auf der Reaktion der T-Zellen, die neben den Antikörpern der B-Zellen an der Abwehr von Viren beteiligt sind. In einem speziellen Labortest konnte gezeigt werden, dass der Impfstoff AZD1222 die Bildung von CD4- und CD8-positiven T-Lymphozyten auslöst, die 75 von 87 untersuchten Antigenen des Spikeproteins erkannten. Ob dies ausreicht, um eine schwere COVID-19 oder den Tod der Erkrankten zu verhindern, lässt sich allerdings durch Laborexperimente allein nicht belegen. © rme/aerzteblatt.de

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