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Medizin

SARS-CoV-2: Antikörper könnten über viele Jahre schützen (oder nur wenige Tage)

Donnerstag, 25. März 2021

/dariaren, stock.adobe.com

Singapur – Ein schwerer Verlauf von COVID-19 führt zu einer stärkeren Immunantwort, die nach Mo­dellrechnungen in Lancet Microbe (2021; DOI: 10.1016/S2666-5247(21)00025-2) einen langjährigen Immunschutz bedeuten könnte, wie er auch bei Überlebenden der ersten SARS-Epidemie nachweisbar ist.

Eine der wichtigen Fragen betrifft derzeit die Dauer eines Immunschutzes, den eine Infektion mit SARS-CoV-2 hinterlässt. Eine Antwort ist derzeit noch nicht möglich, doch eine Untersuchung der neutralisi­erenden Wirkung der Antikörper bei Betroffenen aus der 1. Welle der Pandemie könnte erste Hinweise liefern.

Ein Team um David Chien Lye vom National Centre for Infectious Diseases in Singapur hat 546 Serum­proben von 164 Patienten untersucht, bei denen die Infektion bis zu 180 Tage zurücklag. Die Forscher verwendeten einen eigens entwickelten Surrogat-Neutralisationstest. Er misst nicht wie sonst üblich die Fähigkeit des Serums, Viren vom Befallen von Zellkulturen abzuhalten, was ein relativ aufwendiges Verfahren ist, das bei Verwendung lebender Viren in einem Hochsicherheitslabor durchgeführt werden muss.

Bei dem Surrogat-Test wird gemessen, ob die Antikörper an ACE-Rezeptoren binden, die auf einer Platte aufgebracht wurden. Der im letzten Jahr in Nature Biotechnology (2920; DOI: 10.1038/s41587-0200631-z) vorgestellte Test liefert laut Lye zuverlässige Ergebnisse. Da bei den meisten Teilnehmern mehrere Serumproben aus unterschiedlichen Zeiten zur Verfügung standen, konnten die Forscher Projektionen in die Zukunft vornehmen. Zum Vergleich wurden noch Serumproben von 20 Personen untersucht, die 2002/3 eine Infektion mit dem ersten SARS-CoV überlebt hatten.

Die Untersuchungen zeigen, dass die Antikörper-Antwort sehr unterschiedlich ausfallen kann. Lye unter­scheidet 5 verschiedene Gruppen. Die 1. Gruppe umfasst jene 19 Patienten (11,6 %), bei denen die Anti­körper nur eine geringe neutralisierende Wirkung entfalten und die deshalb nicht vor einer erneuten Infektion geschützt sind – es sei denn, die T-Zellen springen für die fehlenden Antikörper ein.

Diese Patienten waren, wenn überhaupt, nur wenige Tage an COVID-19 erkrankt. Nur bei einem Patien­ten war es zu einer Pneumonie gekommen. Denkbar ist, dass das angeborene Immunsystem die Infek­tion besiegt hat und die Unterstützung der Antikörper nicht erforderlich war.

In der 2. Gruppe von 44 Patienten (26,8 %) kam es zwar zu einer unterschiedlich starken Antikörperreak­tion. Die neutralisierende Wirkung der Antikörper nahm jedoch schnell wieder ab. Nach der Berechnung von Lye könnten die Patienten nach 96 Tagen erneut erkranken, wenn ihre T-Zellen dies nicht verhin­dern.

In der 3. Gruppe von 46 Patienten (29 %) bestand auch nach 6 Monaten noch ein ausreichender Immun­schutz durch neutralisierende Antikörper. Die Schutzwirkung hatte jedoch im Verlauf der Zeit leicht ab­genommen. Sie könnte nach den Berechnungen von Lye jedoch 201 Tage anhalten.

Eine 4. Gruppe von 52 Patienten (31,7 %) hatte dagegen einen persistierenden Immunschutz entwickelt. Die Immunität könnte bei ihnen nach einer Projektion von Lye im Durchschnitt 508 Tage anhalten, wobei die Ergebnisse der Berechnungen unter den einzelnen Patienten zwischen 326 Tagen und 14.881 Tagen (also etwa 40 Jahren) schwankten. Diese Patienten waren in der Regel schwer an COVID-19 erkrankt: 47 hatten eine Pneumonie entwickelt, 21 mussten auf Intensivstation behandelt und 8 dort mechanisch beatmet werden.

Die Immunität in dieser Gruppe entsprach in etwa der von 20 SARS-Überlebenden, von denen 18 (90 %) auch 17 Jahre nach der Erkrankung einen ausreichenden Schutz vor einer erneuten Infektion mit dem inzwischen eradizierten SARS-CoV-1 hätten.

In einer 5. Gruppe von 3 Patienten (2 %) war es im Verlauf der Zeit zu einer Verstärkung der Antikörper­antwort gekommen (hier ist denkbar, dass sie erneut Kontakt mit dem Virus hatten).

Die Forscher haben bei 23 Teilnehmern auch die Reaktionsfähigkeit der T-Zellen untersucht. Alle Teil­neh­mer – auch jene, deren Antikörper die Viren nicht mehr ausreichend neutralisieren konnten – zeig­ten eine anhaltende T-Zell-Immunität. Es besteht demnach die Hoffnung, dass die Immunität nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 länger anhält, als die Antikörper-Tests vermuten lassen. © rme/aerzteblatt.de

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