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Politik

Mecklen­burg-Vorpommern: Gutachter schlagen weitere Reduzierung von Geburtenstationen vor

Freitag, 9. April 2021

Storchen-Figuren mit dem Schriftzug „Crivitz und PCH“ (KfZ-Kennzeichen von Parchim) sind vor dem Landtagssitz im Schweriner Schloss zu sehen. Mit einer Mahnwache protestieren Einwohner der Kleinstadt Crivitz für den Erhalt der Geburtenstation des Mediclin-Krankenhauses./picture alliance, Jens Büttner

Schwerin – Weniger Babys, weniger Entbindungsstationen: Der wirtschaftliche Druck auf die stationäre Geburtshilfe wird nach Einschätzung von Experten in Mecklenburg-Vorpommern weiter zunehmen. In einem Gutachten für den Landtag schreibt das Institute for Health Care Business, dass viele der Ent­bindungsstationen in Mecklenburg-Vorpommern bereits heute kritische Größen aufwiesen.

„Unter Inkaufnahme weiterer Strecken“ sollte deshalb weiter zentralisiert werden, meinen die Experten. Geburtsvorbereitende Angebote sollten demnach wohnortnah zur Verfügung stehen, die eigentliche Ge­burt aber in einem größeren Zentrum stattfinden. Das Gutachten wurde gestern der Enquetekom­mission des Landtages „Zukunft der medizinischen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern“ vorgestellt. Zu­nächst hatte der NDR darüber berichtet.

Die Schließung von Geburtsstationen löst häufig emotional geführte Debatten aus, zuletzt in Wolgast (Vorpommern-Greifswald) und Crivitz (Ludwigslust-Parchim). Um kleine Geburts- und Kinderstationen im Interesse der Erreichbarkeit zu erhalten, hat die Landesregierung im vergangenen Jahr eine Bundesrats­initiative mit dem Ziel gestartet, sie finanziell besserzustellen.

Auch der Linken-Parlamentarier Torsten Koplin ist gegen einen weiteren Abbau der Geburtenstationen im Land. „Gab es zu Beginn der 1990-er Jahre noch 30 ihrer Art, so sind es derzeit 15“ sagte er. Unter Gesundheitsökonomen gebe es bereits Überlegungen, deren Zahl auf gerade einmal acht zu reduzieren. Koplin warnte davor, den Bestand der Geburtenstationen allein an ökonomische Faktoren zu koppeln.

Im Gegensatz zu den Entbindungsstationen sieht das Gutachten bei der Zahl der Krankenhausstandorte kaum noch Spielraum nach unten, obwohl 60 Prozent der Kliniken im Land bereits Sicherstellungszu­schläge bekommen, weil sie sonst finanziell nicht über die Runden kämen. Bundesweit treffe dies nur auf sechs Prozent der Kliniken zu.

Mecklenburg-Vorpommern habe, bezogen auf die Fläche, die wenigsten Krankenhausstandorte im bun­desweiten Vergleich. Es gibt aktuell 40 Kliniken für die Akutversorgung und bereits jetzt können dem Gutachten zufolge 16 Prozent der Bevölkerung kein Krankenhaus innerhalb von 30 Minuten Autofahrt erreichen.

Allerdings werde die Medizin immer spezialisierter, so dass es künftig kaum noch möglich sein werde, das gesamte Spektrum flächendeckend anzubieten, geben die Gutachter zu bedenken. Zudem sei die Bereitschaft von Fachkräften eingeschränkt, sich weitab von größeren Zentren zu engagieren.

„Insofern dürften es die personellen und medizinischen Veränderungen sein, die den Druck zu weiterer Zentra­lisierung erhöhen.“ Die Experten empfehlen, Klinik- Zusammenschlüsse anzustreben oder träger­über­greifende Kooperationen zu suchen.

Kleine Krankenhäuser sollten ihnen zufolge zu sogenannten Integriertern Gesundheitszentren ausgebaut werden, die auch Kurzzeitpflege für Ältere nach einem Klinikaufenthalt anbieten. Dafür werde es künftig einen höheren Bedarf geben. Sollte es in der Hausarztversorgung eng werden, sei das Modell „Apotheke plus“ denkbar – eine Apotheke mit einem zusätzlichen Untersuchungsraum. Über Telemedizin könne zudem der Austausch mit einem Arzt im Gesundheitszentrum laufen.

Der Obmann der CDU-Fraktion in der Enquetekommission, Sebastian Ehlers, sieht sich mit der Einschätz­ung der Gutachter zu den Krankenhausstandorten in Mecklenburg-Vorpommern bestätigt. Es dürfe keine weitere Zentralisierung von Leistungen bei wenigen „Superkrankenhäusern“ in den großen Städten mehr geben, forderte er. „Über viele Jahre wurden Kompromisse für die Optimierung der Krankenhausversor­gung zu häufig zu Ungunsten kleinerer Häuser erzielt.“ Damit müsse Schluss sein. © dpa/aerzteblatt.de

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